Im Interview mit REHACARE.de erklärt Dr. Michael Spörke, wo Landesregierung und Bauunternehmen in Zukunft ansetzen sollten, welche Hindernisse überwunden werden müssen und wer von barrierefreiem Wohnungsbau profitiert.
Herr Dr. Spörke, wie sieht der aktuelle Stand bezüglich barrierefreiem Wohnungsbau aus?
Dr. Michael Spörke: Der Sozialverband Deutschland bekommt bereits über einen langen Zeitraum hinweg immer wieder von Betroffenen das Feedback, dass ein Mangel an barrierefreien Wohnungen existiert und dass Menschen mit Behinderung keine Wohnungen finden, die bezahlbar und barrierefrei wären. Hier hätten Kommunen und Landesregierung die Aufgabe, den Bedarf an barrierefreien Wohnungen zahlenmäßig zu erheben. Dies wäre enorm wichtig, da es eine klare Äußerung aus vielerlei Ebenen der Betroffenen gibt, man finde barrierefreie Wohnungen nicht. Da ich selber auch Rollstuhlfahrer bin, weiß ich, dass dies auch so stimmt.
Die UN-Behindertenrechtskonvention von 2006 besagt, dass Menschen mit Behinderung einen Anspruch auf diskriminierungsfreie Teilhabe in verschiedenen Lebensbereichen haben. Wo muss man ansetzen, um barrierefreien Wohnungsbau in naher Zukunft zu gewährleisten?
Spörke: Die erste Anlaufstelle ist die Landesbauordnung, die natürlich die Standards festlegt und dafür verantwortlich ist, was in Zukunft gebaut wird. Sie werden wissen, dass die Abgeordneten des Landtages Nordrhein-Westfalen (NRW) über das Baurechtsmodernisierungsgesetz abgestimmt haben und dass eine neue Landesbauordnung verabschiedet worden ist. Diesbezüglich sind leider aus unserer Sicht Verschlechterungen eingetreten. Wir konnten zwar noch einige Punkte verhindern, die den Weg hin zum barrierefreien Wohnungsbau beeinträchtigen würden. Was aber letztendlich fehlt – und dies sehen wir als großes Manko auf dem Weg zum barrierefreien Wohnungsbau – ist, dass es keine klaren Vorgaben für barrierefreie Wohnungen gibt, die auch die Nutzbarkeit für Rollstuhlfahrer gewährleistet. Es bleibt noch abzuwarten, da die entsprechende DIN-Norm zum barrierefreien Bauen in NRW noch nicht in die Technische Baubestimmung eingeführt worden ist, d.h. es existiert noch keine Grundlage für Architekten, Planer und Bauherren, nach der sie sich richten könnten. Die Einführung dieser DIN-Norm steht also noch aus. Die Frage ist nur, in welchem Umfang dies geschehen wird. Damit barrierefreies Bauen vorangetrieben wird, müssten wir diese DIN-Norm in vollem Umfang einführen. Hierbei haben wir jedoch große Skepsis, dass das Land es auch so plant. Es wäre jedoch wünschenswert und unsere Hoffnung bleibt weiterhin bestehen.