Wer profitiert von einer Unterstützten Kommunikation? "Unterstützte Kommunikation eignet sich für verschiedene Zielgruppen. UK kann für Menschen, welche die Lautsprache gut verstehen können, aber unzureichende Möglichkeiten besitzen, sich selbst auszudrücken als expressives Kommunikationsmittel fungieren – zum Beispiel für Kinder oder Erwachsene mit einer Dysarthrie. Ebenfalls kann UK für Menschen, deren lautsprachliche Fähigkeiten nur dann verständlich sind, wenn sie bei Bedarf über ein zusätzliches Hilfsmittel verfügen, als Unterstützung für die Lautsprache eingesetzt werden – zum Beispiel für Kinder mit einer verbalen Entwicklungsdyspraxie. Zudem kann UK als Ersatzsprache genutzt werden für Menschen, für die Lautsprache als Kommunikationsmedium zu komplex ist und die daher eine geeignete Alternative benötigen – zum Beispiel bei Kindern oder Erwachsenen mit einer sogenannten geistigen Behinderung", erklärt Hormes.
Egal, ob angeborene Beeinträchtigung, fortschreitende Erkrankung, Unfallfolgen oder nur vorübergehende eingeschränkte sprachliche Möglichkeiten – die Zielgruppe für UK ist sehr groß und außerdem an kein Alter gebunden. Damit die Unterstützte Kommunikation aber auch ihren vollen Umfang an Hilfestellung entfalten kann, sei es wichtig, dass die Kommunikations-Hilfsmittel altersadäquate Inhalte bereitstellen. So erklärt Heike Köhler, Marketingleiterin der ebenfalls auf Kommunikationshilfsmittel spezialisierten Firma REHAVISTA: "Während für Kinder zum Beispiel die Kategorie 'Lieblingsspielzeug' wichtig ist, spielen für Erwachsene Kommunikations-Inhalte wie zum Beispiel Partnerschaft, Sexualität oder Beruf eine große Rolle. Repräsentiert die Kommunikationshilfe nicht die Lebenswelt der Nutzer*innen, so wird sie mit hoher Wahrscheinlichkeit im Alltag keinen Einsatz finden."
Aber was genau sind denn jetzt UK-Hilfsmittel? Wie eingangs bereits erwähnt, besteht Kommunikation aus mehr als nur dem gesprochenen oder geschriebenen Wort. Also alles, was wir mit unserem Körper verständlich machen können, sei es durch bestimmte Gesten oder unsere Mimik, die Körperhaltung oder sogar unsere Atmung, ist eine Form der körpereigenen Kommunikation. Gebärdensprache beispielsweise zählt auch dazu, weil es eben keine Lautsprache ist. Dass die Kommunikation auch ohne nennenswerte Lautsprache funktioniert, hat wohl jeder schon einmal gemerkt, wenn er oder sie im Ausland Urlaub gemacht hat und die Landessprache nicht beherrschte. Mit Nicken oder Kopfschütteln sowie Händen und Füßen klappt meist die interkulturelle Verständigung unter Umständen ganz passabel. Aber natürlich ist das kein Vergleich zu einer weitreichenderen Art der Kommunikation. Hier kommen im Fall von Menschen, die auf UK zurückgreifen möchten, dann Kommunikationsmodi zum Tragen, die sich nicht mehr nur auf ihren Körper beschränken. Das können nicht-elektronische Varianten wie beispielsweise Text- oder Bildkarten oder Symbolbücher sein. "Im Bereich der elektronischen Hilfsmittel gibt es Hilfen zur Kommunikationsanbahnung wie Taster", führt Nina Hormes an. Aber auch Kommunikationshilfen mit einer Symbol- und/oder Schrifteingabe sind erhältlich. Den meisten Menschen sind wohl aber die sogenannten Talker und Sprachcomputer ein Begriff. Wichtig sei aber, so Heike Köhler, dass "UK nicht nur aus elektronischen Kommunikationshilfen besteht. Es sollte stets eine 'multimodale Kommunikation' angestrebt werden, das heißt eine Mischung verschiedener Ansätze, um in jeder Situation die bestmögliche Verständigung zur erzielen."
Die Akzeptanz des Hilfsmittels durch die Nutzer*innen sei allerdings das Wichtigste. Die hängt zu einem Teil auch davon ab, wann beziehungsweise ob der Spracherwerb beeinträchtigt wurde. Menschen also, die die Lautsprache erst völlig normal erlernt haben und dann durch einen Unfall oder eine Krankheit die Fähigkeit dazu verloren haben, brächten elektronischen Kommunikationsmitteln oftmals eine ganz andere Akzeptanz entgegen als Menschen, die von Geburt an oder noch vor dem Spracherwerb kommunikativ beeinträchtigt waren. "So berichten viele ALS-Patient*innen, dass UK beziehungsweise ihr Sprachausgabegerät mit Augensteuerung 'das Tor zur Welt' sei: Sie können soziale Kontakte aufrechterhalten, indem sie Mails schreiben oder gar arbeiten und damit aktiv und selbstbestimmt im Leben stehen", berichtet Heike Köhler. Wohingegen die Suche nach dem richtigen Hilfsmittel bei Menschen, die von Geburt an anders kommuniziert haben, mehr Fingerspitzengefühl benötigt: "Diese haben meist wenig Erfahrung in der grundlegenden Funktion von Kommunikation, da eigene Kommunikationsstrategien oftmals lange übergangen, falsch interpretiert und oder nicht akzeptiert wurden. Diese Menschen haben häufig aus Erfahrung eine geringe Erwartungshaltung als verbalkommunizierende gleichaltrige Menschen." Deshalb sei bei der Einbindung von UK "ein sensibler Umgang und Heranführen an 'Kommunikation' an sich, etwa Erfahrungen der eigenen Wirksamkeit, der Schlüssel für den Erfolg." Grundsätzlich sei es aber nie zu spät für einen Einsatz von UK.
Aber natürlich sind Nutzer*innen von Kommunikationshilfsmitteln ganz unterschiedlich, haben unterschiedliche Strategien entwickelt, ihren Alltag zu meistern. Gemein ist ihnen meistens aber, dass sie von der Gesellschaft behindert werden. So sagt Nina Hormes: "Aufgrund der unterschiedlichen Nutzer*innengruppen und der vielfältigen Möglichkeiten im Bereich der Unterstützten Kommunikation gibt es vielfältige Strategien und Lösungen für die Anwendung im Alltag. Ebenfalls sind die persönlichen Hürden sehr individuell. Eine Hürde, die allen Nutzer*innen begegnet, ist der Umgang mit einem unterstützt kommunizierenden Menschen durch das Umfeld und durch die Gesellschaft."