Neben der EUTB berät und informiert auch das kombabb Kompetenzzentrum NRW zum Thema Studieren mit (nicht-)sichtbarer Behinderung und/oder chronischer Erkrankung basierend auf diesem Prinzip. Seit Juli 2019 hat man das Angebot auch auf Studierende mit Autismus beziehungsweise einer sogenannten Autismus-Spektrums-Störung ausgeweitet. Auch die vom LVR finanzierten KoKoBe Bonn Rhein Sieg bieten Peer-Beratungen an. Die Berater*innen haben Erfahrungen auf den Themengebieten der Körper-, Hör- sowie Seh-Behinderung, Epilepsie oder Erkrankungen wie Krebs und Depressionen.
Gemein haben all diese Anlaufstellen, dass die Beratung kostenlos ist. Wobei es weniger um einen tatsächlichen Rat geht, sondern eher um Hilfe zur Selbsthilfe. Das macht die Tätigkeit als Peer Counselor allerdings auch schwierig. Schließlich muss man seine eigene Situation und die damit einhergehenden möglichen Schwierigkeiten im Alltag reflektieren können und gleichzeitig – bei aller Vertrautheit und dem Interesse an einer Hilfestellung – auch die Distanz zum/zur Ratsuchenden wahren können. Die eigene Betroffenheit birgt schließlich die Gefahr, sich zu sehr mit dem Gegenüber zu identifizieren.
Welchen Stellenwert diese Art der Beratung jedoch hat, zeigt das Beispiel der "Peers im Krankenhaus", kurz PiK. Eine Amputation stellt das Leben der Betroffenen von heute auf morgen auf den Kopf. Zwar erfahren sie unmittelbar Unterstützung durch das Pflegepersonal, Ärzte, Physiotherapeuten sowie Orthopädietechniker, aber alle Fragen können diese Menschen eben nicht beantworten. So erging es auch Theresa T.: Im Beitrag Peers im Krankenhaus: Empowerment für Menschen nach Amputation spricht sie über ihre Ängste und Gefühle nach ihren ersten "Gehversuchen" mit einer neuen Prothese: "Ich fühlte mich trotz Unterstützung von Familie und Freunden allein." Dagmar Marth arbeitet als Peer-Beraterin am Unfallkrankenhaus Berlin (ukb) und half der 22-Jährigen parallel zu ihrer Prothesenanpassung im Haus mit zahlreichen Gesprächen. Marth hatte unter anderem praktische Tipps, beispielsweise für den Schuhkauf, parat und machte der Studentin auf diese Weise neuen Mut. "Allein der Fakt sich über Schmerzen, Probleme, Ängste aber auch Hoffnungen mit jemandem, dem Gleiches zugestoßen ist, unterhalten zu können, war ein großes Geschenk. Ich fühlte mich verstanden. Sie machte mir Mut und ich verlor die Angst vor all dem Neuen." Und indem die Peer-Beraterin anderen Mut macht und ihnen die Art von Hilfsstellung zukommen lässt, die sie sich damals in ihrer Situation ebenso gewünscht hätte, zieht sie natürlich auch selbst einen Gewinn aus ihrer Tätigkeit.
Letztlich gewinnen bei dieser Methodik, wenn sie sachgemäß angewandt wird, alle Beteiligten. Und so bekommen Menschen mit Behinderung nicht nur das nötige Werkzeug an die Hand, selbstbestimmt zu leben, sondern sie tragen diesen Anspruch auch in die Gesellschaft. Durch dieses Empowerment treiben sie somit (hoffentlich) auch das Thema Inklusion weiter voran, sodass auch den anderen Forderungen der UN-BRK endlich Folge geleistet wird und die Forderung "Nicht ohne uns über uns" endlich als Selbstverständnis in der Gesellschaft verankert wird.