In Deutschland verändert sich der Handel jedoch nur langsam. Zwar gibt es auch hier beispielsweise SB-Kassensysteme (Kassen, ohne Kassierer, an denen man selbst seine Waren scannt). In anderen Ländern findet man diese aber viel häufiger als hierzulande, wo sie hauptsächlich bei IKEA eingesetzt werden. Die nächste Neuerung wird wohl die Abschaffung von analogen Preisschildern sein. Der Trend geht zu einer digitalen Anzeige sowie zu Monitoren, die Angebote und Werbung – je nach Tageszeit wechselnd – anzeigen.
Der Online-Riese Amazon testet derweil in den USA die Möglichkeit, nicht nur im Internet den Laden der Zukunft zu betreiben, sondern auch analog – so analog wie es dem Internetriesen eben möglich ist: In San Francisco eröffnete Anfang 2018 der erste Amazon Go – ein Supermarkt ganz ohne Kassenbereich und damit ganz ohne lange Schlangen und nerviges Piepen der Scanner. Alles, was man als Konsument benötigt, ist ein Smartphone mit einer entsprechenden App. Im Laden verfolgen künstlich intelligente Kameras und Sensoren jeden Schritt und vermerken, welche Artikel man aus dem Regal nimmt oder wieder zurückstellt. Beim Verlassen des Ladens gleicht das System die Kamerabilder miteinander ab und sendet eine Rechnung auf das Smartphone über genau die Artikel, die man auch wirklich mitgenommen hat. Lange Schlangen an der Kasse sind damit genauso passé wie das Bezahlen mit Bargeld. Denn die Rechnung wird von der in der App hinterlegten Kreditkarte abgezogen.
Die Kameraüberwachung im Laden verrät dann übrigens nicht nur, welche Artikel man kauft, sondern gibt dem Online-Riesen ebenfalls Aufschluss darüber, wie lange man vor einem bestimmten Produkt gestanden oder wie man sich durch den Laden bewegt hat – und bietet Amazon somit alles, was der Konzern zum Thema Einkaufsverhalten seiner Nutzer wissen muss, und wo möglicherweise Optimierungsbedarf besteht. All das in der realen Welt – online hat das Unternehmen diese Informationen natürlich längst.
Die Kameraüberwachung, wie sie Amazon Go derzeit nutzt, ist zwar noch Zukunftsmusik. Doch auch der stationäre Handel könnte bereits bald auf Kameras zurückgreifen, um ebenso viel über seine Kundschaft zu erfahren. Statt die Videoüberwachung – wie derzeit üblich – nur für die Sicherheits- und Gefahrenabwehr zu benutzen, könnte man sie auch für Analysezwecke verwenden. Informationen zu Besucherzahl, Tageszeit der Besuche, über Alter und Geschlecht bis hin zu Gefühlen könnten mit einer Netzwerkvideo-Lösung, wie sie im finnischen Einkaufszentrum Rajalla På Gränsen verwendet wird, gewonnen werden.
Der erste kleinere Schritt zu Amazon Go oder dem finnischen Einkaufszentrum sind sogenannte Instore-Navigations-Apps. Die Smartphone-Anwendungen helfen nicht nur bei der Produktsuche oder dabei, unnötige Laufwege zu vermeiden, sie informieren gleichzeitig über die neuesten Rabattaktionen und könnten bald auch zum Bezahlen genutzt werden. Der Kunde, so scheint es, wird immer gläserner, die Läden immer mehr selbst zur Marke.