Wie hat sich auch die Wahrnehmung im Stadion bezüglich behinderter Menschen und Ihres Projektes verändert?
Schweppe: Das lässt sich allgemein schwer beantworten. Nach meinem Erleben gibt es in den Stadien wenig Kontakt zwischen den Nutzern der Blindenplätze und den übrigen Stadionbesuchern. Ich befürchte, dass sicherlich Dauerkarteninhaber, die in der Nähe der Blindenplätze sitzen, dieses Angebot kennen und wahrnehmen und sicher auch anderen davon erzählen. Insgesamt wird es aber von den Besuchern kaum wahrgenommen. Und auch in den Vereinen selbst wird die Tätigkeit der Blindenreporter oft nicht wirklich gesehen und wertgeschätzt, was mehr als bedauerlich ist.
Was bedeutet für Sie Inklusion?
Schweppe: Inklusion bedeutet eine möglichst umfassende Teilhabe ohne unnötige Barrieren. Wenn man sieht, dass die meisten Vereine heute Eintrittskartenbestellungen erst ab einem festen Termin ermöglichen, der auf zumeist kaum barrierefreien Seiten ermittelt werden muss, und dann noch ein PDF-Formular nötig ist, das von Blinden nicht selbstständig ausgefüllt werden kann, damit man überhaupt ein Blindenticket bestellen kann, dann hat das nichts mit Inklusion zu tun. Und wenn dann die Vereine noch die Auffassung vertreten, dass das ja von sehenden Helfern problemlos ermöglicht werden könne, schließlich benötige man ja auch für den Stadionbesuch eine Begleitperson, dann verstößt auch das gegen meine Erwartung an Inklusion.
Ich möchte in der Lage sein, mein Blindenticket ohne Hilfe von Sehenden zu bestellen. Ich möchte einen fairen Preis für mein Ticket bezahlen, der auch die Begleitperson einschließt und ich möchte mit meinem Begleiter den Stadionbesuch genießen und eine Blindenreportage ohne Störungen und in guter Tonqualität hören. Dabei ist es unbedingt zu vermeiden, dass ich mit technischer Ausrüstung konfrontiert werde, die über Tasten ohne Druckpunkte et cetera zu bedienen und dadurch leicht zu verstellen ist, und ich dadurch einen großen Teil des Spiels nicht verfolgen kann.
Ich halte es für unrealistisch, dass taktile Leitsysteme vom ÖPNV zum Stadion und im Stadion vorgehalten werden und blinde Menschen dann selbstständig ihren Besuch durchführen können. In Einzelfällen mag das gehen, aber die meisten blinden und sehbehinderten Menschen dürften nicht in der Lage sein, sich mit ihrem Hilfsmittel in derart großen Menschenmengen zu bewegen. Das ist falsch verstandene Inklusion.
Inklusion bedeutet für mich das, was ich aufgezählt habe. Anders herum hat auch der Mensch, der inkludiert werden möchte, etwas dazu beizutragen. Viele denken, dass Inklusion bedeutet, dass die Welt inklusiv gestaltet wird und dass sie dann ohne Einschränkung teilhaben können. Es müssen sich beide Seiten am inklusiven Prozess beteiligen.