"Der Roboter ermöglicht und fördert das Miteinander der Kinder"
Nachgefragt bei Philipp Mahler, Avatar Kids
"Der Roboter ermöglicht und fördert das Miteinander der Kinder"
Ein Roboter, der für eine Verbindung zwischen Krankenhaus und Klassenraum sorgt? Das Projekt Avatar Kids macht es möglich: Akut erkrankte Kinder können mithilfe eines Tablet-Computers aktiv am Schulgeschehen teilnehmen. Der Lehrer moderiert die Kommunikation. REHACARE.de sprach mit Philipp Mahler von Avatar Kids über die Möglichkeiten, die das Projekt bietet.
Herr Mahler, was macht das Projekt aus und wie wird entschieden, welche Kinder dafür in Frage kommen?
Philipp Mahler: Das Besondere an dem Projekt ist die Verbindung, die zu kranken Kindern hergestellt wird, die für längere Zeit nicht in die Schule gehen können. Wir erzielen damit verschiedene Effekte: Zum einen, dass die Kinder nicht aus dem sozialen Kontext herausfallen und der Kontakt zu den Klassenkameraden bestehen bleibt. Zum anderen sind die Kinder zugänglicher für medizinische Hilfe, wenn sie positive Erlerbnisse durch den Kontakt zu ihren Freunden haben. Zu guter Letzt können aber auch die Kinder in der Schule den Krankenhausalltag dieses Kindes und all das, was es bewegt, besser verstehen. Im Vergleich zu anderen Projekten sorgt der freundliche und zugewandte Roboter für extrem viel Neugierde bei den Kindern. Wenn man die Aufmerksamkeit der Kinder hat, kann man ihnen vieles erklären.
Es gibt gewisse Profile, mit denen wir bis jetzt sehr gute Erfahrungen gemacht haben. Vor allem bei Krebspatienten hilft die Methode sehr. Im Gegensatz dazu stehen die Fälle, in denen das Kind aus einem schwierigen Umfeld kommt. Es würde quasi wieder in sein Problemumfeld herein geschaltet. Am Ende liegt es aber bei den Ärzten zu klären: Ist das Kind der Situation gewachsen, eine solche Schaltung mitzumachen? Anschließend wird mit Eltern und Lehrern abgesprochen, ob alle einverstanden sind.
Wie trägt der Avatar dazu bei, die Kinder am sozialen Miteinander teilhaben zu lassen?
Mahler: Genau das ist eigentlich der Kern dieses Projektes, dass der Roboter dabei ist, der dieses Miteinander fördert beziehungsweise ermöglicht. Es ist eine sehr interessante Erfahrung, zu sehen, wie der Roboter auf Menschen im Allgemeinen wirkt. Er ist wie ein neuer Mitschüler, ein Stellvertreter. Deswegen haben wir auch einen menschenähnlichen Roboter gewählt. Theoretisch könnte man auch einfach einen Bildschirm aufstellen und ein Programm für Videotelefonate laufen lassen.
Wie stellen Sie sicher, dass das jeweilige Kind im Mittelpunkt steht und die Aufmerksamkeit nicht zu sehr auf den Roboter gelenkt wird?
Mahler: Das ist etwas, worum sich in gewisser Weise die Lehrer kümmern. Sie moderieren den Dialog zwischen den Schülern und dem nicht anwesenden Kind. Aufgrund der Video- und Audiotelefonie können sich die Kinder gegenseitig sehen. Zwischen engen Freunden ist das mit der Aufmerksamkeit dann meist kein Problem. Die sind sofort völlig engagiert, weil sie sich für die Person selber interessieren. Es werden sofort Fragen gestellt, wie: Wie geht’s dir? Was hast du heute gemacht? Warum hast du keine Haare? Und warum musst du Medikamente nehmen? Wie oft war der Arzt heute schon da?
Da der Roboter normalerweise im Klassenverband sitzt, werden somit auch alle anderen Kinder mit einbezogen und es stellt sich in dem Moment gar nicht die Frage, ob das Kind oder der Roboter im Mittelpunkt steht.
Am Anfang gibt es jedoch eine gewisse Gewöhnungsphase, in der die Fähigkeiten des Avatars präsentiert werden. In dem Moment steht ganz klar er im Mittelpunkt. Sobald aber die Live-Schaltung aufgebaut wird, wird der Roboter auf einen Stuhl gesetzt. Auf dem Bildschirm kann man nun das Bild von dem Kind sehen. Ab dem Moment ist klar, dass sich jemand einwählt und der Patient dazu kommt. Alle wissen, dass dies etwas Besonderes ist. Hier verschiebt sich automatisch auch der Fokus vom Roboter hin zum Mitschüler.
Was bedeutet für Sie Inklusion?
Mahler: Inklusion ist ein sehr vielschichtiges Thema. In diesem Fall, geht es um ein krankes Kind, was den Unterricht nicht besuchen kann und was häufig auch aus seinem sozialen Umfeld gerissen wird. Inklusion ist hier ein besonderes Thema. Die Möglichkeit zu bekommen, Kinder wieder in ihren Klassen zu integrieren ist super, hilft allen Beteiligten und ist in dem Sinne eine sehr angenehme und wichtige Angelegenheit.
Egal ob Prominenter, Experte oder Betroffener – in unserer Nachgefragt-Rubrik kommen sie alle zu Wort. Und sie haben eine Menge interessanter Dinge zu erzählen. REHACARE.de spricht mit ihnen über aktuelle Themen aus Politik, Freizeit und Lifestyle.