Das Projekt "Pflege für Pflegende: Entwicklung und Verankerung eines empathiebasierten Entlastungskonzepts in der Care-Arbeit" (empCARE) wird vom Bildungsministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) über eine Laufzeit von 42 Monaten gefördert. REHACARE.de hat bei Marius Deckers nachgefragt, mit welchen psychischen Belastungen Pflegekräfte konfrontiert werden, und was die Gründe dafür sind.
Herr Deckers, das Projekt empCARE besteht aus vier Projektpartnern. Wer ist für was zuständig?
Marius Deckers: Das Projekt wird hauptsächlich von der Universität Duisburg-Essen aus geleitet. Unsere drei weiteren Projektpartner sitzen an verschiedenen Standorten. Dazu gehört das Uniklinikum in Köln und Bonn sowie ein ambulanter Pflegedienst namens "Die Mobile". Wir an der Universität sind für die wissenschaftliche Forschung und die theoretischen Hintergründe des Projektes zuständig. An den beiden Unikliniken werden Schulungen für Pflegekräfte praktisch durchgeführt. Die Kräfte des Pflegedienstes "Die Mobile" sind außerdem während der Sitzungen mit dabei. Insgesamt schulen wir derzeit etwa 400 Pflegekräfte an den Standorten Köln und Bonn. Dazu bieten wir Blockveranstaltungen und Coachingsitzungen für bis zu 18 Teilnehmerinnen und Teilnehmern regelmäßig an, die an zwei Tagen stattfinden.
Mit dem Projekt sollen Pflegende emotional entlastet werden. Welchen psychischen Belastungen sind sie denn ausgesetzt?
Deckers: Wir wollen den Pflegekräften einen anderen Umgang mit Empathie zuführen. An der Universität Duisburg-Essen haben wir eine Theorie entwickelt, die besagt, dass der richtige Umgang mit der Empathie zu Personen mit Pflegebedarf ganz entscheidend ist.
Patienten werden zum Beispiel mit einer schweren Krankheit konfrontiert und sind dem Lebensende sehr nah. Damit sind aber auch die Pflegekräfte konfrontiert. Betroffene stellen Fragen wie: "Meinen Sie, ich komme hier noch mal lebend raus?". Diese Frage an sich ist psychisch sehr belastend für das Personal. Menschen neigen dann zu einem emphatischen Kurzschluss und äußern Sätze wie: "Kopf hoch, das wird schon wieder." Diese Gesten sind positiv formuliert und gut gemeint, helfen dem Patienten aber leider nicht, was den Pflegekräften implizit klar ist und ein ungutes Gefühl hinterlässt. Sie möchten helfen, deshalb kommt es zu empathischen Reaktionen. Da sie aber wissen, dass diese Aussagen nichts an der Situation ändern, wird es längerfristig zu einer psychischen Belastung für diese Berufsgruppe. Wir wollen den Pflegekräften alternative emphatische Reaktionen beibringen, damit ein Austausch zwischen ihnen und den Patienten über die aktuelle Situation des Patienten stattfinden kann. Sie sollen zeitökonomisch kommunizieren, sodass sie den Personen mit Pflegebedarf helfen können und dabei den emphatischen Kurzschluss verhindern, damit es zu keiner langfristigen psychischen Belastung seitens des Personals wird.