REHACARE.de hat sich im Berliner Coworking Space mal genauer umgesehen.
Frau Trzecinski, TUECHTIG ist ein sogenannter Coworking Space. Wie ist das Konzept von Coworking Spaces allgemein und von diesem speziell?
Stefanie Trzecinski: Bei allen Coworking Spaces ist es so, dass man Arbeitsplätze sowie Meetingräume nach Bedarf anmietet und miteinander teilt – entweder tagesweise oder auf Monatsbasis. Der Unterschied von uns zu anderen Coworking Spaces ist, dass unsere Räumlichkeiten barrierefrei sind: Es gibt also keine Schwellen, breite Türen, höhenverstellbare Schreibtische und eine behindertengerechte Toilette. Wer persönliche Unterstützung benötigt, bekommt bei uns direkt die benötigte Assistenzleistung.
Das Spannende ist, dass wir die Leute miteinander in Kontakt bringen. Diejenigen, die sich hier einmieten und arbeiten, lernen auch immer die anderen Coworker kennen. Die Aufgabe von uns, von KOPF, HAND + FUSS, ist es, die Leute miteinander zu vernetzen, sodass es auch darum geht, neue Ideen miteinander zu entwickeln.
Hier trifft man auf ganz unterschiedliche Personen: Menschen, die im Rollstuhl sitzen, Menschen mit Hörbehinderung (gehörlos oder schwerhörig), Menschen mit kognitiven oder psychischen Einschränkungen. Aber eben auch Menschen ohne Behinderung. Alle gehen auf Augenhöhe miteinander um und es ist ein großes Miteinander. Im Coworking Space TUECHTIG arbeiten Menschen mit und ohne Behinderung miteinander – und nicht nur nebeneinander her.
Welche Vorteile bringt TUECHTIG denn vor allem Menschen mit Behinderung?
Trzecinski: Sie müssen nicht von zu Hause aus arbeiten, sondern können dies an einem expliziten Arbeitsplatz tun. Somit können sie Privates und Beruf voneinander trennen. Die Assistenzleistungen und vor allem der Kundenverkehr finden somit nicht zu Hause statt. Sie kommen außerdem in Kontakt mit anderen und können sich austauschen und beim Kaffeetrinken auch mal Rückmeldung zur eigenen Arbeit einholen. Sie können ihre Geschäftsideen ohne ein großes finanzielles Risiko austesten und ihren eigenen Traum von Arbeit verwirklichen. Sie müssen also keine langfristigen Mietverträge für Gewerberäume abschließen, die in der Regel eine Mietdauer von mindestens fünf Jahren haben. Hier können sie auf Tages- oder Monatsbasis mieten beziehungsweise kündigen.
Wir bieten hier außerdem eine barrierefreie Infrastruktur, besondere Möbel und umfassende Assistenzleistungen, um einen möglichst optimalen Arbeitsplatz zu gewährleisten.
Inwiefern kann TUECHTIG zur Inklusion auf dem Arbeitsmarkt beitragen?
Trzecinski: Oft gibt es für den Wiedereinstieg nach Krankheit und Rehabilitation nur zeitlich begrenzte Lösungen, die man nicht flexibel anwenden kann. Die Idee bei uns ist, dass man optimale Arbeitsbedingungen bekommt und das mit einer größtmöglichen Flexibilität. Inklusion sollte etwas sein, was normal ist. Spezielle Bedürfnisse werden ohne Weiteres erfüllt. Wir gewährleisten flexibel Assistenzleistungen oder Unterstützung von einem Psychologen. Dabei ist man aber kein Bittsteller – das ist ganz wichtig.
Grundsätzlich kann jeder zu uns kommen, wenn man eine gewisse Offenheit für andere und unterschiedliche Menschen mitbringt. Auch Unternehmen, die gerne jemanden einstellen würden, aber noch nicht die baulichen Voraussetzungen haben, könnten die neuen Angestellten hier einmieten.
Wir haben außerdem eine Psychologin im Team, die Menschen unterstützt, die beispielsweise nach einem Burnout zurück in die Arbeitswelt wollen. Dann könnte die Person etwa einen Tag pro Woche zu uns kommen, um ihre neu erlernten Verhaltensmaßnahmen zu festigen und nicht zurückzufallen ins Burnout. Es ist immer etwas schwierig, das Erlernte im alten Arbeitsumfeld weiterhin umzusetzen. Bei uns bekommt man bei Bedarf zusätzlich Unterstützung von einer externen Person.