Herr Adler, was macht inklusives Kommunikationsdesign aus?
Florian Adler: Das Portal leserlich.info befasst sich mit Kommunikationsdesign für Menschen mit und ohne Sehbehinderung. Je nachdem, welche individuellen Voraussetzungen Menschen mitbringen, ergeben sich unterschiedliche Anforderungen an die Gestaltung von Schrift, Text und Bild, an die Beschaffenheit von Druckträgern sowie an das Design und die Bedienbarkeit von digitalen Medien. Empfehlungen zu lesbarer Gestaltung finden sich verstreut in der Fachliteratur und in verschiedenen Normen, insbesondere in der DIN 1450 zu Leserlichkeit von Schrift. Allerdings fühlen sich Designer von Normen meist wenig angesprochen und fürchten sie eher als Kreativitätskiller. Daher haben wir das vorhandene Wissen gesammelt, evaluiert, anschaulich erläutert und praxisnah aufbereitet.
Warum ist inklusives Kommunikationsdesign so wichtig?
Adler: Kommunikation ist ein Lebensmittel. Sich visuell zu orientieren, Zeichen erkennen und lesen zu können, ist Voraussetzung dafür, sich in der Welt zurechtzufinden und am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Kommunikationsdesign hilft dabei, den Zugang zu Menschen, Wissen und Welt zu öffnen. Freie Zugänglichkeit zu Information und Kommunikation ist daher auch eine zentrale Forderung der UN-Behindertenrechtskonvention. In Deutschland leben rund eine Million sehbehinderte Menschen, die selbst mit Sehhilfen über weniger als 30 Prozent des „normalen“ Sehvermögens verfügen. Angesichts des demografischen Wandels wird diese Zahl in den kommenden Jahren weiter ansteigen. Aber auch „Normalsichtige“ profitieren bei ungünstigen Sichtverhältnissen, geringer Beleuchtung, Stress oder Leseschwächen von gut lesbarer Gestaltung. Durch inklusives Kommunikationsdesign werden Informationen für möglichst viele Menschen – unabhängig von ihrer Sehfähigkeit – lesbar und verständlich gestaltet. Es ist gleichermaßen zugänglich und attraktiv.