Ein Tesla Model 3 mit der dreifach redundanten Drive-by-Wire Technologie Space Drive zeigt eindrucksvoll das Potential dieser Technologie – mit voller Straßenzulassung: Von außen betrachtet sieht der weiße Model 3 aus wie jeder andere. Doch wer die Türen öffnet, wirft einen Blick in die automobile Zukunft. Der schwäbische Unternehmer Roland Arnold hat dem Tesla ein Upgrade verpasst. Lenkrad raus, Pedale raus – gefahren wird der Prototyp über einen kleinen Joystick in der Mittelkonsole. Möglich macht das eine bewährte Technologie aus der Welt der Behindertenmobilität: das ausfallsichere Drive-by-Wire System Space Drive.
"Wir sind gespannt, was Elon Musk über dieses Fahrzeug sagt", freut sich Mobilitätstüftler Arnold. "Wir fahren bereits seit langem ohne Lenkrad und Pedale – ganz ohne mechanische Verbindung für die pri-mären Fahrzeugfunktionen Gas, Bremse und Lenkung." Wo hier noch der Joystick die Steuerung über-nimmt, könnte auch die Fahrautomation über eine Schnittstelle in der Space Drive Steuereinheit realisiert werden. Ein wichtiger Schritt hin zur Mobilität der Zukunft. "Ausfallsicherheit ist ein Schlüssel zum auto-nomen Fahren", ist sich Arnold sicher. Dass die Technologie aus der Welt der Behindertenmobilität stammt, kommt nicht von ungefähr: Ein Mensch mit Bewegungseinschränkungen oder geringer Kraft kann nicht einfach ins Lenkrad greifen, wenn die Technik versagt. "Er muss sich hundertprozentig auf unsere Technologie verlassen können", so Arnolds Anspruch. Weltweit sind bereits über 8.500 derartige Systeme im Einsatz.
Ein Gesetzentwurf des Deutschen Bundestages, der am Donnerstag vergangener Woche verabschiedet wurde, stützt Arnolds Vision. Er eröffnet für autonom fahrende Fahrzeuge der Stufe vier die Möglichkeit, ab dem kommenden Jahr bundesweit auf festgelegten Strecken im Regelbetrieb Teil des öffentlichen Straßenverkehrs zu werden. Der Bundesrat muss noch zustimmen. "Wenn das Gesetz kommt, ebnet es den Weg, die Technologie im öffentlichen Verkehrsraum zu erproben und weiterzuentwickeln. Damit kann Deutschland eine Vorreiterrolle übernehmen", so Arnold, der erst kürzlich mit der Rudolf Diesel Medaille für die nachhaltigste Innovationsleistung gewürdigt wurde.
Vollautomatisiertes Fahren der Stufe vier bedeutet, dass das System nicht mehr von einem physisch an-wesenden menschlichen Fahrer überwacht werden muss. Gibt es Fahrzeuginsassen, sind diese nur noch Passagiere, die jedoch einen Nothalt veranlassen können. Denn sobald – etwa in einem Notfall – der au-tonome Modus verlassen werden muss, fordert das System Insassen oder eine externe Aufsicht auf, zu übernehmen. Reagiert niemand, kann sich das Fahrzeug selbst beispielsweise auf dem Seitenstreifen zum Stehen bringen. Als Einsatzszenarien nennt das Bundesverkehrsministerium Shuttle-Verkehr oder Busse, die auf einer festgelegten Route unterwegs sind, so genannte People-Mover. Auch in der Güterbeförderung könnten entsprechende Systeme zum Einsatz kommen.
Mit dem Gesetz sollen die technischen Anforderungen an den Bau, die Beschaffenheit und die Ausrüstung von Kraftfahrzeugen mit autonomen Fahrfunktionen neu geregelt werden. Damit verknüpft wäre auch die Prüfung und das Verfahren für die Erteilung einer Betriebserlaubnis durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA). Geregelt würde zudem der Umgang mit den für den Betrieb benötigten Daten. So würde Arnold zufolge die Sicherheitsnorm ISO 26262 zur Grundlage für den ausgeweiteten Testbetrieb. Sie stellt hohe Anforderungen etwa zur Gefährdungsanalyse und regelt, wie Systeme durch Eigendiagnose bei Gefahr reagieren sollten. Das Space Drive System, das PARAVAN GmbH aus der Behindertenmobilität heraus entwickelt wurde, erfüllt bereits heute diese Anforderungen und schafft damit eine Schlüsseltechnologie für die Mobilität von Morgen.
Seit zwei Jahren ist die Steer-by-Wire-Technologie Space Drive vom Deutschen Motor Sport Bund (DMSB) zugelassen und wird seitdem unter den harten Bedingungen des Rennsports getestet. Die Lenktechnolo-gie ist seit 2020 Bestandteil im Reglement der "GTC Race" und seit diesem Jahr in der DTM – und wird so im Rennsporttempo weiterentwickelt. Seine Premiere auf der Nordschleife hatte das System in einem Porsche Cayman 718 GT4 beim ADAC Total 24h Nürburgring im vergangenen Jahr. In Vorbereitung auf das 24h-Rennen vom 3. bis 6. Juni 2021 auf dem Nürburgring hat bereits der Mercedes-AMG GT3 als erstes GT3 Fahrzeug ohne mechanische Verbindung zwischen Lenkeinheit und Lenkgetriebe erfolgreich an einem Rennen auf der Nordschleife teilgenommen. Eine wichtiger Meilenstein im Entwicklungsprogramm und "der nächste logische Schritt", wie Arnold sagt.
"Wir haben bereits heute die straßenzugelassene, gesetzeskonforme Technologie, mit der diese Vision realisiert werden kann – sofort verfügbar und nachrüstbar in jedes Fahrzeug, wie beispielsweise im Tesla Model 3", sagt Arnold. Sein Wunsch: "Einmal mit Elon Musk gemeinsam im umgerüsteten Tesla durch die Straßen von Berlin zu fahren – beziehungsweise gefahren zu werden."
REHACARE.de; Quelle: PARAVAN GmbH