Ein Tinnitus entsteht zum größten
Teil im Gehirn; © panthermedia.
net/Ingram Vitantonio Cicorella
Neu: Erstmalig können jetzt auch einseitig ertaubte Tinnituspatienten, die mit einem Cochlea-Implantat (CI) versorgt sind, eine neuromusiktherapeutische Behandlung in Anspruch nehmen.
Jedes Jahr werden etwa 200 Menschen pro Million Einwohner einseitig gehörlos. In Deutschland gibt es somit circa 16.000 Neuerkrankungen jährlich. Die einseitige Gehörlosigkeit schränkt die Lebensqualität der Betroffenen mehr ein, als bisher angenommen. Vor allem, wenn zusätzlich dauerhafte Ohrgeräusche („Tinnitus“) auftreten. Dies ist bei circa 80 Prozent der Betroffenen der Fall.
Eine Behandlungsmöglichkeit stellen Hörschnecken-Prothesen, sogenannte Cochlea-Implantate (CI) dar. Ein Cochlea-Implant ist eine elektronische Innenohrprothese, die Menschen mit Schädigungen des Innenohres ein neues Hören ermöglicht. Das CI übernimmt die ausgefallenen Funktionen des Innenohres. Es leitet elektrische Reize direkt an den Hörnerv und überbrückt somit die Störung beziehungsweise die Unterbrechung der Weiterleitung.
Bei etwa zwei Drittel der Patienten beeinflusst ein CI einen Tinnitus positiv. Allerdings verringern sich die Ohrgeräusche nur, solange das CI eingeschaltet bleibt.
Am Deutschen Zentrum für Musiktherapieforschung (Viktor Dulger Institut) DZM e.V. Heidelberg, konnte in den letzten Jahren in Zusammenarbeit mit der HNO-Klinik der Universität Heidelberg und der Uni-Klinik für funktionelle Neuroradiologie in Homburg/Saar ein wirksames neuromusiktherapeutisches Behandlungskonzept für Patienten mit chronischem Tinnitus entwickelt und wissenschaftlich überprüft werden.
Bei den bisher circa 800 Tinnitusbetroffenen, die mit Musiktherapie behandelt wurden, erreichten rund 80 Prozent eine zuverlässige Verbesserung bis Auflösung der Symptomatik. Eine Langzeitstudie über den Zeitraum von fünf Jahren nach Therapieende belegt, dass diese Ergebnisse sehr stabil sind.
Darüber hinaus konnte nachgewiesen werden, dass chronischer Tinnitus zu über 90 Prozent nicht im Ohr, sondern im Gehirn entsteht. Ursache scheint eine „fehlgesteuerte Filterfunktion“ der Hörbahn aber vor allem auch im limbischen System und in Aufmerksamkeitsarealen zu sein. Diese Veränderungen können durch die Musiktherapie nachweislich rückgängig gemacht werden.
Basierend auf diesen Erkenntnissen und therapeutischen Erfolgen wurde nun das Therapieangebot für Tinnituspatienten mit einseitiger CI-Versorgung erweitert. Die neuromusiktherapeutische Behandlung findet als ambulante so genannte Kompakttherapie statt und umfasst fünf Behandlungstage. Ob eine Therapie möglich ist, wird in einer Aufnahmeuntersuchung überprüft.
REHACARE.de; Quelle: Deutsches Zentrum für Musiktherapieforschung (Viktor Dulger Institut) DZM e.V.