Die Anordnung der Nervenprothese
für Schlaganfall-Patienten;
© LMU-Klinikum
Ein neues Implantat soll zukünftig Menschen mit Fußhebeschwäche helfen, das Anheben des Fußes zu kontrollieren.
Seit seinem Hirninfarkt vor fünf Jahren leidet der 60jährige Patient unter anderem unter einer Halbseitenlähmung mit Fußheberschwäche. Der Allgäuer kann die Füße nicht mehr richtig anheben, wodurch er förmlich über den Boden schleicht. Er muss immer bewusst auf seinen Gang achten und stolpert dennoch regelmäßig über die eigenen Fußspitzen – mit entsprechend hohem Risiko eines Sturzes.
Weder die Physiotherapie noch eine Spezialschiene halfen dem Patienten, sein Gangbild entscheidend zu verbessern. Nun hat ihm Professor Riccardo Giunta vom Klinikum der Universität München eine neue Nervenprothese implantiert. „Wir hoffen, dass der nur anderthalb Zentimeter große Schrittmacher den Defekt entschärfen kann“, sagt der Chefarzt der Handchirurgie, Plastischen Chirurgie und Ästhetischen Chirurgie der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Die Forscher arbeiten seit Längerem an der Schnittstelle Mensch-Maschine, beispielsweise nach Amputationsverletzungen der Hand und des Armes oder nach peripheren Nervenlähmungen. Das Ziel: Hightech-Lösungen, die verloren gegangene Nervenfunktionen nach schweren Verletzungen wiederherstellen und eine bessere Anbindung von neuen Handprothesen an das Nervensystem ermöglichen.
Bei Patienten mit Fußheberschwäche sind – bedingt durch die fehlende Ansteuerung aus dem Gehirn – jene Muskeln in den Beinen teilweise gelähmt, die das Anheben des Fußes kontrollieren. Der kontrollierende Nerv in den Beinen, Nervus peroneus, ist allerdings noch intakt. Er gibt beim Gehen die nötigen Signale in den Fuß. Die Idee: Den Nerv mit elektrischen Signalen stimulieren und damit die nicht mehr vorhandene Steuerung aus dem Gehirn zu ersetzen.
Giunta hat mit seinem Team eine eigens für diesen Zweck angefertigte Manschetten-Elektrode um den Nervus peroneus implantiert. An den Fersen trägt der Patient jetzt einen Drucksensor, der beim Abheben des Fußes einen Impuls an den in den Oberschenkel eingepflanzten Schrittmacher schickt. Er wiederum aktiviert über ein Kabel den Nervus peroneus. Daraufhin kontrahiert der Muskel bei jedem Schritt und hebt den Fuß an.
Das Neuroimplantat wird von einem Gerät mit Energie versorgt, das der Patient am Gürtel trägt. „Wir nutzen die natürlichen biologischen Möglichkeiten aus, um das Gangbild zu verbessern“, erklärt Giunta. Bislang gab es weltweit nur wenige solcher Implantationen. Nach den ersten Erfahrungen normalisiert und automatisiert sich der Gang deutlich; die Patienten werden sicherer.
REHACARE.de; Quelle: Klinikum der Universität München