Bereits 2016 gründete der Student Tobias Polsfuß ehrenamtlich die Onlineplattform WOHN:SINN (www.wohnsinn.org), die über das Leben in gemeinsamen Wohngemeinschaften von Menschen mit und ohne Behinderung informiert und zeigt, wie man selbst eine solche inklusive WG gründen kann. Dem Münchner, der selbst seit fünf Jahren in einer inklusiven WG von Gemeinsam Leben Lernen e.V. wohnt, kam die Idee dazu schlicht aus der Verwunderung darüber, dass dieses erfolgreiche Wohnkonzept noch nicht weiter verbreitet ist. Die Resonanz auf die Onlineplattform war sowohl bei den inklusiven Wohnprojekten als auch in den Medien und der Öffentlichkeit derart überwältigend, dass er sich dazu entschloss, verschiedenste Akteure aus dem Bereich des inklusiven Wohnens dazu einzuladen, gemeinsam ein Bündnis zu gründen.
So kamen in den letzten Monaten von Hamburg bis Heilbronn und von Bremen bis Berlin die unterschiedlichsten Menschen und Organisationen zusammen, die der Gedanke eint, dass das selbstbestimmte Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Schnell wurde in den Treffen ersichtlich, dass dieses bunte Bündnis mit seiner Vielfalt an Perspektiven und Fähigkeiten ein enormes Potenzial birgt. Deshalb entschieden sie sich zur Gründung des Vereins "WOHN:SINN – Bündnis für inklusives Wohnen".
"Ich freue mich sehr darauf, diesen tollen Verein nach vorne zu bringen und hab schon jetzt richtig Bock, alle Leute wieder zu sehen", erklärt Pierre Zinke aus Dresden, der seit letztem Jahr in der inklusiven WG 6plus4 wohnt, nachdem er in den Vorstand gewählt wurde.
Gemeinsam möchten sie nun die inklusive Wohnszene besser vernetzen, Menschen bei der Gründung inklusiver Wohnprojekte unterstützen, Forschungsprojekte initiieren und sich in Politik und Öffentlichkeit für inklusives Wohnen stark machen. Denn alle Bündnismitglieder sind sich einig: Wo, wie und mit wem jemand leben möchte, sollte jeder Mensch selbst entscheiden können!
Insbesondere für Menschen mit Behinderungen ist dieses Menschenrecht leider immer noch eine Utopie. "Damit sich das ändert, hoffen wir, dass sich uns noch ganz viele Menschen und Organisationen anschließen!", so Initiator und stellvertretender Vorsitzender des Bündnisses Tobias Polsfuß.
"Bisher melden sich alle paar Tage engagierte Leute aus dem gesamten deutschsprachigen Raum bei uns und wollen unser inklusives Wohnkonzept kennenlernen. Das macht uns natürlich stolz, aber es ist für uns kaum zu bewältigen, alle Anfragen befriedigend zu bedienen. Ich bin sehr froh, dass wir uns gemeinsam entschieden haben, ein Bündnis zu gründen, dass sich genau darum kümmert: motivierte Initiatoren zu unterstützen, zu beraten und zu ermutigen", so Rudi Sack, Geschäftsführer von Gemeinsam Leben Lernen e.V. und erster Vorsitzender des Bündnisses.
Ebenfalls Bündnismitglied ist Raul Krauthausen. Der Aktivist für Inklusion sagt zum Thema Wohnen: "In meinem Heimexperiment habe ich selbst erlebt, was es heißt, fremdbestimmt zu leben. Als Aktivist für Inklusion möchte ich mich dafür einsetzen, dass erfolgreiche inklusive Wohnformen in Politik und Medien bekannter werden!"
"Wenn wir die Inklusion als Menschenrecht verstehen, dann müssen wir das gemeinsame Wohnen von Menschen mit und ohne Beeinträchtigung in den Fokus von Praxis und Wissenschaft rücken. Auf diesem Weg ist das Bündnis ein großer Meilenstein", freute sich Prof. Dr. Jessica Lilli Köpcke, Studiengangsleitung für Heilpädagogik an der Medical School Berlin und Vorstandsmitglied des Bündnisses.
Samuel Flach, Gründer und Vorstand von Gemeinwohlwohnen e.V. sagte: "Ein würdevolles Leben beginnt im alltäglichen Miteinander und endet, wenn Menschen als Problemfälle ausgegrenzt und in großen Institutionen fremdverwaltet werden. Mit unserem Bündnis für inklusives Wohnen können wir alternative, dezentrale und selbstbestimmte Wohnformen deutschlandweit verbreiten und einen Paradigmenwechsel in der Politik anregen."
Die Gründungsmitglieder des Bündnisses sind:
- Gemeinsam Leben Lernen e.V., München
- Lebenshilfe Dresden e.V.
- Offene Hilfen Heilbronn gGmbH
- Gemeinwohlwohnen e.V., München
- Inklusive WG Bremen e.V.
- LAG Eltern für Inklusion Hamburg e.V.
- Inklusiv Wohnen Köln e.V.
- id22:Institut für kreative Nachhaltigkeit, Berlin
- Stiftung Trias, Hattingen
- Oekogeno e.G., Freiburg
- Prof. Dr. Jessica Lilli Köpcke, Medical School Berlin
- einige Bewohner der inklusiven WG 6plus4, Dresden
- sowie Tobias Polsfuß, Raul Krauthausen und Ulrich Niehoff
REHACARE.de; Quelle: WOHN:SINN