Q8 setzt sich nicht nur für bauliche Veränderungen ein, sondern unterstützt auch einzelne Menschen, die Unterstützung brauchen, damit sie "inklusiv" im Quartier leben können. Wie muss man sich das vorstellen?
Haubenreisser: Im Projekt Qplus entstehen neue Unterstützungsformen gemeinsam mit den Leistungsberechtigten der Eingliederungshilfe, ihr Wille ist der Ausgangspunkt. Es gibt Quartier-LotsInnen, die Menschen mit Assistenzbedarf dabei unterstützen, ihren Alltag nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten – das Wohnen, die Arbeit oder die Freizeit. Auch hier geht es um eine Mischung aus Selbsthilfe, Nachbarschaft, technischer und professioneller Unterstützung für Menschen mit Unterstützungsbedarf: Was kann ich selbst tun, eventuell mit technischer Hilfe? Wie können mich Familie, FreundInnen oder NachbarInnen unterstützen? Welche Unterstützung kann das Quartier bieten, etwa Vereine, Initiativen oder Geschäfte? Welche ergänzenden Hilfen durch Profis benötige ich? Und: Was kann und will ich selbst für andere Menschen tun? Es geht übrigens sehr oft um das Thema Wohnen und Wohnumfeld…
Was bedeutet das ganz konkret?
Oertel: Ich gebe Ihnen mal ein Beispiel: Frau M. sitzt nach einer schweren Erkrankung im Rollstuhl. Oft fühlt sie sich einsam. Mit dem Quartierlotsen findet sie heraus, was ihr wichtig ist: Sie will den kostenfreien Mittagstisch im Seniorenzentrum sowie einen Computerkurs besuchen und sie will mehr Zeit außerhalb ihres Hauses verbringen. Bisher unterstützen die 50-Jährige ein ambulanter Pflegedienst und eine pädagogische Assistentin. Aber allein kann sie ihre Wohnung nicht verlassen. Über den Quartierlotsen findet sie den 56-Jährigen Herrn T., der sich in seiner Nachbarschaft engagieren möchte. Daraus entwickelt sich ein freundlicher Kontakt: Sie gehen an der Elbe spazieren, besuchen den Mittagstisch oder verabreden sich zum Kino. Auf Anregung vom Quartierlotsen wird der Rollstuhl technisch aufgerüstet und ist leichter zu schieben.
Wofür steht Q8?
Haubenreisser: Mindestens genauso wichtig wie die konkreten, sichtbaren Ergebnisse bei Einzelprojekten ist ein Kulturwandel: Wir stärken eine Kultur der Unterstützung, einen Raum für Begegnungen und die Möglichkeit, Widersprüche, Vielfalt und Konflikte als Anstoß für neue Lösungen zu sehen. Dazu gehört auch, dass Menschen im Stadtteil die Unterstützung finden, die sie brauchen, um selbstständig im Stadtteil zu leben. Das ist gelebte Inklusion.