REHACARE.de sprach mit ihr über Dinge, die sie als Mutter lernen musste, und was ihr von Anfang an bei der Erziehung ihrer Kinder wichtig war.
Frau Zoubek, was hat Sie vor und während Ihrer beiden Schwangerschaften beschäftigt?
Lydia Zoubek: Viele sagen ja bei einer Schwangerschaft: "Egal ob Mädchen oder Junge – Hauptsache gesund". Grundsätzlich hatte ich diesen Gedanken auch. Aber ich bin nicht zur genetischen Beratung gegangen. Ich habe mir auch nicht den Kopf darüber zerbrochen, ob jetzt die Kinder möglicherweise eine Behinderung haben würden oder nicht. Ich habe die üblichen Vorsorgeuntersuchungen gemacht, auch den hochauflösenden Ultraschall. Dadurch habe ich erfahren, dass mein erstes Kind ein Mädchen ist. Aber eine Fruchtwasseruntersuchung und dergleichen habe ich dann nicht mehr gemacht. Ein Schwangerschaftsabbruch stand für mich sowieso nicht zur Debatte, wenn eine Behinderung diagnostiziert worden wäre. Beide Kinder waren Wunschkinder. Ob beispielsweise eine körperliche Einschränkung oder Trisomie 21 – für mich war klar, dass es für mich lediglich zur Konsequenz gehabt hätte, dass ich mich darauf hätte vorbereiten können. Für mich ist ein Kind mit Behinderung genauso lebenswert wie alle anderen auch.
Wie gut sind Sie dann nach der Geburt zurechtgekommen?
Zoubek: Ich musste natürlich noch bestimmte Dinge lernen: Wie wickle ich ein Baby? Wie ziehe ich es vernünftig an? Wie bade ich es? Im Krankenhaus hatten das Personal ein wenig Probleme damit, mir das richtig zu zeigen. Ich hatte aber eine ganz tolle Nachsorge-Hebamme, die mir versicherte, dass wir das zusammen hinbekommen, wenn ich erstmal zu Hause bin. Und so war es dann auch: Nach und nach hat sie mir alles gezeigt und ich hatte zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass ich überfordert wäre.
Hatte Ihre Hebamme Vorerfahrungen mit blinden Müttern?
Zoubek: Nein, die Hebamme kam damals zum Kennenlernen und meinte: "Dann können wir jetzt beide etwas voneinander lernen. Nämlich ich, wie jemand mit einer Sehbehinderung umgeht – und Sie, wie Sie mit Ihrem Baby zurechtkommen." Wir haben es einfach gemeinsam ausprobiert. Und sie war so gut, dass ich sie beim zweiten Kind unbedingt auch wieder an meiner Seite haben wollte.
Mit welchen Reaktionen waren Sie während der Schwangerschaften konfrontiert?
Zoubek: Ich hatte einen tollen Gynäkologen, der mir sagte: "Sie sind schwanger. Und es werden viele Menschen kommen, die Ihnen nun erzählen werden, was Sie alles machen und nicht machen sollen und was richtig oder falsch ist. Aber wenn Sie Fragen haben, kommen Sie damit bitte zu uns, bevor Sie irgendwelche Dinge ausprobieren, die Ihnen irgendwelche Leute raten." Die Gynäkologin in dieser Gemeinschaftspraxis sagte ebenfalls zu mir: "Warum sollten Sie denn als blinde Frau kein Kind haben?" Ich war auch nicht ihre erste blinde Patientin. Sie meinte, es sei alles eine Frage der Technik und der Einstellung.
In meinem Bekanntenkreis gab es aber schon Menschen, die kein Verständnis hatten und meinten: "Blind und dann noch ein Kind in die Welt setzen?!" - meist gepaart mit der Nachfrage "Aber Ihr Mann ist doch sehend, oder?". Oder auch Fragen danach, ob mir meine Eltern dann helfen würden oder ob ich nicht eine Betreuerin hätte. Aber davon muss man sich freimachen und sich lieber mit Menschen umgeben, die einem guttun und den Weg mit einem gehen und ihre Hilfe anbieten. Kommunikation auf Augenhöhe ist mir ganz wichtig gewesen. Ich habe zum Beispiel zwei sehende Freundinnen, deren Kinder im gleichen Alter wie meine sind. Wir haben uns gegenseitig bestärkt.
Und sicherlich auch Erfahrungen ausgetauscht?
Zoubek: Ja, ich konnte sie beispielsweise fragen, ob sie mir das mit dem Tragetuch zeigen können. Damit ich nicht völlig unbedarft dastehe, wenn das Kind auf der Welt ist. Als es dann so weit war, konnte ich das Tragetuch optimal nutzen: Mein Kind hatte ich vor meinem Bauch und meine Hände waren frei – eine für den Blindenstock und eine für andere Sachen, die man mal tragen muss oder zum Tasten. Da hatten sich die Tipps meiner Freundinnen sofort bezahlt gemacht.