Wie sieht eine Therapiestunde mit Felix aus?
Vermeulen: Ich lasse Felix zum Beispiel etwas machen und beobachte dabei die Patienten. Anschließend stelle ich Fragen, welches Futtermittel zum Beispiel in meiner Kiste ist. Damit kann ich das Gedächtnis und auch die Wahrnehmung schulen. Auch motorische Übungen und Tastspiele gehören dazu, indem die älteren Menschen Felix zum Beispiel mit einer Bürste die Borsten kämmen. Oder zeige eine gefüllte Socke mit Walnüssen, die die Menschen ertasten müssen und raten, was sich in der Socke befindet. Anschließend darf Felix die Walnuss dann knacken.
Ältere Menschen und Kinder reagieren dabei genau gleich. Zwar haben ältere Menschen meist ihre Spontaneität verloren, Kinder müssen aber noch viel lernen. Doch sobald Felix den Raum betritt, weckt er positive Emotionen, egal wie alt die Menschen sind.
Felix ist zwar ein kleiner Therapeuten-Assistent, aber immer noch ein Tier. Sie besuchen mit ihm auch Seniorenzentren. Wie kommt es, dass er so zutraulich auf viele fremde Menschen zugehen kann?
Vermeulen: Obwohl er ein Fluchttier ist, sieht er keine Gefahr durch die Anwesenheit vieler Menschen. Er ist es von kleinauf gewohnt, ständig unter Leuten zu sein und sich anfassen zu lassen. Das kann man nicht mit jedem beliebigen Schwein machen, so etwas machen nur sehr wenige Tiere mit. Ich habe einfach das Glück gehabt, dass er sich vom Charakter her darauf einlässt. Er ist nicht ängstlich und nicht berührungsscheu. Außerdem zeigt er auch, wenn er etwas nicht möchte, bleibt aber dabei ruhig. Will er zum Beispiel von jemanden nicht berührt werden, weil die Person ihm Angst macht, zum Beispiel bei zu schnellen Bewegungen wie bei Kindern mit ADHS, dann nimmt er etwas Abstand.
Wirklich ausbilden musste ich ihn dafür nicht. Dadurch, dass ich ihn immer mitgenommen habe zu Gruppentherapien, hat er nach und nach gelernt, mit solchen Situationen umzugehen.
Welche Auflagen mussten Sie erfüllen?
Vermeulen: Die Arbeit mit dem Schwein muss natürlich offiziell genehmigt werden, nach Paragraph 11 des Tierschutzgesetzes. Ich musste ein Praktikum absolvieren und eine Prüfung beim Kreisveterinäramt bestehen. Es gibt tiermedizinische Auflagen, denn eigentlich darf man auch nicht einfach so mit einem Schwein durch Deutschland reisen oder spazieren gehen. Dafür habe ich eine Sondergenehmigung. Das sind vielleicht sehr hohe Auflagen, aber es lohnt sich.
Welche besonderen Ergebnisse konnten Sie aufgrund der Therapie schon bei Patienten bewirken und miterleben?
Vermeulen: Menschen mit Demenz zeigen auf einmal viel mehr Aktivitäten, sie bewegen sich mehr und trauen sich mehr zu. Das begleitende Pflegepersonal ist meist sehr erstaunt, was auf einmal doch möglich ist. Bewohner, die sonst immer sehr passiv waren und überlegt haben, was sie tun, reagieren auf einmal ganz spontan. Es ist auch schon vorgekommen, dass Menschen, die im Rollator sitzen, plötzlich besser gehen können. Sie haben wieder eine Motivation und wollen Felix bürsten. Auch sprechen Patienten auf einmal wieder, obwohl vorher niemand wusste, dass sie noch sprechen können.
Das ist dann aber nicht mehr Felix' Aufgabe, sondern meine. Ich muss schauen, wie ich in die Köpfe der Menschen hereinkomme und etwas herauskitzele. Felix erleichtert mir aber die Arbeit durch seine Anwesenheit.