Inwiefern ist das Handlungskonzept auch unabhängig von Nordrhein-Westfalen (NRW) auf inklusive Reiseangebote übertragbar?
Dubiski: Das Handlungskonzept steht allen zur Verfügung, die sich mit inklusiven Kinder- und Jugendreisen beschäftigen. Dabei meint "inklusiv" im Übrigen nicht nur, dass Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung zusammen verreisen – auch wenn dies zentraler Ausgangspunkt für die Entwicklung war. Die Formulierungen sind aber so gewählt, dass offenbleibt, was für Gruppen und Formate in den Blick genommen werden.
Da das Handlungskonzept zur Reflexion in der Vorbereitung, Konzipierung, Durchführung und Nachbereitung von Reisen anregen soll, gibt es keinen geographischen Bezug. Zwar wurde es in NRW und durch Akteure aus NRW entwickelt, es wird aber seit seiner Veröffentlichung bundesweit rezipiert.
Für das Arbeitsfeld der internationalen Jugendarbeit wurde im Projekt "Vision:Inklusion" der Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland IJAB e.V. eine Strategie entwickelt; beide Projekte standen in regem Austausch miteinander: www.vision-inklusion.de.
Wie genau sollten inklusive Kinder- und Jugendreisen denn künftig gestaltet werden?
Dubiski: Es gibt kein Rezept für "gute" inklusive Reisen. Wir haben das Handlungskonzept bewusst so gestaltet, dass es mehr Fragen als Antworten enthält – ohne jedoch beliebig zu sein. Versteht man Inklusion vor allem als Aufruf zur ständigen selbstkritischen Reflexion des eigenen Handelns, bestehender Konzeptionen, Strukturen und auch Einstellungen, bleibt als wichtigste – und konkreteste – Handlungsanweisung das genaue Beobachten, Zuhören und Nachdenken. Das mag banal klingen. Aber bei Inklusion geht es aus unserer Sicht gerade darum, keine fertigen Antworten zu haben, sondern immer wieder neu darum zu ringen, wie Strukturen verändert und konkrete Praxis gestaltet werden können.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft von inklusiven Kinder- und Jugendreisen?
Dubiski: Ich wünsche mir, dass Kinder und Jugendliche die Möglichkeit haben, an einer Reise teilzunehmen und dort einen Ort zu finden, an dem sie gesehen und gehört werden, mit anderen gemeinsam ihre Zeit und ihrem Raum gestalten können und dabei kein (von anderen gesetztes) Ziel, keinen Zweck, keine Leistungsansprüche bedienen müssen. Und das unabhängig davon, wie groß oder klein, wie schnell oder langsam, wie phantasievoll, verträumt, unkonzentriert, hochbegabt, schwerhörig, sportlich, mehrsprachig, laut, schweigsam sie sind, wie lang sie oder ihre Familien in Deutschland leben oder ob sie nicht wissen, ob sie aufs Jungen- oder Mädchenklo gehen sollen. Kinder und Jugendliche sollen die Wahl haben, wo sie mitfahren möchten, sich nicht auf den Zufall oder den "guten Willen" eines einzelnen Anbieters verlassen müssen – und sich ihr Recht auf Teilnahme nicht erst verdienen müssen.