Unsere Städte wachsen, die Mieten dort explodieren, die Mietpreisbremse zieht nicht und barrierefreien Wohnraum sucht man fast vergeblich. "Schon heute ist ein Fehlbedarf von rund 2 Millionen altersgerechten und barrierefreien Wohnungseinheiten festzustellen, Tendenz steigend", sagte Jens Kaffenberger, Bundesgeschäftsführer des Sozialverbands VdK Deutschland vor dem Alternativen Wohngipfel Ende September in Berlin. Doch damit nicht genug. "Nur fünf Prozent aller Seniorenhaushalte sind altersgerecht, doch jeder Vierte hat motorische Einschränkungen. Barrierefreien und altersgerechten Wohnraum zu schaffen, ist eine der dringendsten Aufgaben in einer älter werdenden Gesellschaft", so Kaffenberg weiter.
Ganz anders zum Tragen kommt der demografische Wandel jedoch in ländlicheren Regionen: Während die Jungen in die Städte ziehen, vergreisen ganze Landstriche. Während in Städten das Problem besteht, barrierefreien Wohnraum zu finden und bezahlen zu können, sind ambulante Pflegeangebote oder die Verkehrsanbindung und damit die Mobilität für ältere Menschen weniger ein Problem. Auf dem Land sieht es dagegen anders aus. Die Mietpreise sind niedrig oder die Menschen verfügen über Wohneigentum. Dafür bestehen infrastrukturelle Probleme wie die Anbindung von öffentlichen Verkehrsmitteln oder das Vorhandensein von Einkaufsmöglichkeiten und medizinischer Versorgung durch Ärzte oder Apotheken. Dabei unterscheiden sich Menschen in der Stadt nicht von denen in ländlichen Regionen: Sie alle wollen so lange wie möglich selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden leben können.
Außerhalb unserer Städte stehen die Kommunen also vor anderen Problemen, wenn es um den demografischen Wandel geht. Dabei klingt es doch so gut: irgendwann ein Häuschen auf dem Land oder der Einzug in das Haus, in dem man aufgewachsen ist, ein Grundstück, die Nähe zur Natur, Ruhe und ein nettes nachbarschaftliches Miteinander.
Auf dem Land sind die Menschen auf ihr Auto angewiesen. Und mit zunehmendem Alter steigt auch die Zahl der chronischen Erkrankungen. Wer übernimmt die Fahrten zum Arzt in die nächstgrößere Stadt? Wer übernimmt die Einkäufe oder Arbeiten am Haus oder auf dem Grundstück, wenn man selbst nicht mehr kann? Sorgen, die sich ältere Menschen in Deutschland machen, ja machen müssen. Ein Drittel der rund drei Millionen pflegebedürftigen Menschen werden heute von ihren Angehörigen versorgt. Viele wohnen aber in den Städten, weil sie dort auch arbeiten. Für sie ist die Belastung also ungleich höher als für Menschen, deren zu pflegende Angehörige in der gleichen Stadt leben. Die Institutionalisierung der Pflege ist schon heute ein Thema und wird sich weiter verstärken.
Das Credo des Bundes lautet aus Kostengründen klar "ambulant statt stationär". Das deckt sich natürlich auch mit dem Wunsch der älteren Bevölkerung. Doch der Pflegenotstand macht auch vor ambulanten Diensten keinen Halt. Laut Bundesagentur für Arbeit waren im Juli in der Kranken- und Altenpflege rund 36.000 Stellen unbesetzt. Und diese Zahl wird weiter steigen. Die der Menschen, die gepflegt werden müssen aber ebenso. Dazu kommt, dass es für ambulante Pflegedienste auf jede Minute ankommt. Ohnehin gilt bei ihnen "Quantität über Qualität", um wirtschaftlich zu sein. Gerade die Versorgung in eher ländlichen Gebieten wird dadurch problematisch, denn oftmals müssen die Dienste weite Strecken zwischen ihren Patienten zurücklegen. Zeit, die nicht in den Finanzplan passt.