Doch hat diese Selbsterfahrung auch einen nachhaltigen Einfluss auf die berufliche Zukunft der Auszubildenden? Ein Schüler berichtet beispielsweise nach seiner Unterrichtseinheit im Lernladen, dass er nun deutlich sensibilisierter ist. "Ich werde nun mehr darauf achten, Menschen mit Behinderung zu helfen beziehungsweise ihnen entgegenzukommen und mehr Verständnis zeigen, wenn diese mal etwas länger brauchen."
Auch Christoph Berg beobachtet diese Reaktion immer wieder: "Im Lernladen kann die Selbsterfahrung Einfluss nehmen und zwar direkt auf die Schüler*innen, die jedes Mal berichten, wie sehr sich ihr Blick und ihr Verständnis geweitet haben. Dies nehmen sie in die Betriebe mit und wirken so als Multiplikator, um Barrieren – vor allem die im Kopf – abzubauen."
Auf formaler Ebene ist diese Selbsterfahrungseinheit gegenwärtig kein expliziter Pflichtbestandteil der Ausbildung. Allerdings gibt es im Bildungsplan Anknüpfungspunkte, "sodass wir als Bildungsgang, nachdem Herr Dohmen mit der Idee des Lernladens auf uns zukam, relativ schnell beschlossen haben, die Sensibilisierungen für Behinderungen in unser schulinternes Curriculum aufzunehmen, um die Sozial- und Humankompetenzen unserer Schüler*innen zu fördern". Auszubildende im Einzelhandel lernen somit gemäß Bildungsplan im zweiten Ausbildungsjahr mit unterschiedlichen Kundengruppen umzugehen und besondere Verkaufssituationen zu bewältigen. Genau hier knüpfen die Schulungen zur Sensibilisierung an. Die Veranstaltung ist am BWV Aachen für alle Klassen des zweiten Ausbildungsjahres verbindlich.
Und der Erfolg gibt dem Lernladen, der einst als Pilotprojekt vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) gefördert wurde, recht: Ursprünglich sollten in den drei Jahren 450 Azubis aus dem Einzelhandel erreicht werden. "Mittlerweile erwarten wir im 1. Quartal 2019 den 3.000sten Teilnehmer. Es gibt mittlerweile 19 Partner-Berufskollegs, die jährlich regelmäßig ihre Azubis im Rahmen des Lernfeldes 10 zu uns schicken", berichtet Dohmen zufrieden. Außerdem würde das zugrundeliegende SENSE-Konzept bereits auch in Belgien, den Niederlanden und der Türkei angeboten.