Wie Inklusion auf dem Arbeitsmarkt gelingen kann, das ist ein zentrales Thema auf der Messe REHACARE 2023 in Düsseldorf. Sie steht vom 13. bis zum 16. September 2023 unter dem Motto "Selbstbestimmt leben". Ein Anliegen zahlreicher Aussteller: Unterstützende Möglichkeiten vorstellen, damit mehr Menschen mit Behinderungen in reguläre Arbeit kommen – vor dem Hintergrund eines neuen Gesetzes, das den inklusiven Arbeitsmarkt fördert.
Georgia Harea ist glücklich mit ihrem Job. Sie hat einen großen Bildschirm fürs Homeoffice sowie eine besondere Tastatur erhalten, die sie gut bedienen kann. "Ein Sprachassistent setzt meine Worte in Text um – wie das geht, habe ich in einer Fortbildung gelernt", erzählt die Bürokauffrau, die im Kommunikationsteam der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) Kampagnen und Veranstaltungen mit vorbereitet. "Das ist wie ein Jackpot mit Zucker obendrauf", schwärmt Georgia Harea – weil sie weiß, dass es oft anders ist: "Wenn Arbeitgebende den Rollstuhl sehen, dann hört man in der Regel schnell: Wir haben uns für einen anderen Bewerber entschieden."
Aktuelles Gesetz soll Jobsuche unterstützen
Wie schwer es für Menschen mit Behinderung immer noch ist, einen angemessenen Job zu finden, darauf weisen nicht nur Aktivisten wie Raúl Krauthausen hin – das besagen auch aktuelle Zahlen aus dem Inklusionsbarometer 2022 der "Aktion Mensch": Zwar sind rund 173 000 Unternehmen hierzulande per Gesetz aufgefordert, mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze an Menschen mit Behinderung zu vergeben – doch lediglich 40 Prozent der der Firmen besetzen alle Pflichtarbeitsplätze. 25 Prozent zahlen stattdessen die so genannte Ausgleichsabgabe. Eine Erhebung der Bundesagentur für Arbeit besagt, dass die Arbeitslosenquote schwerbehinderter Menschen in Deutschland 2022 bei 11,5 Prozent lag. Die Quote der Menschen ohne Behinderung betrug im gleichen Zeitraum 5,3 Prozent (bis November 2022). Diese Situation soll sich nach dem Willen der Bundesregierung durch aktuell beschlossenes Gesetzesvorhaben ändern (siehe Kasten) – auch vor dem Hintergrund des wachsenden Fachkräftemangels.
Interesse in Firmen steigt
"Das Thema Inklusion ist in den Firmen angekommen – ich bekomme viele Anrufe von Führungskräften, die sich dazu schulen lassen möchten", sagt Petra Wallmann, die beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) im Inklusionsamt Arbeit beschäftigt ist. An einem Gemeinschaftsstand mit dem Landschaftsverband Rheinland wird der LWL auf der REHACARE 2023 Interessierte zur Teilhabe am Arbeitsleben (Halle 6, Stand E 15) beraten. Weitere Themen-Theken der Landschaftsverbände sind dem Integrationsfachdienst sowie der sozialen Teilhabe gewidmet, auf der Bühne des Fach-Forums TREFFPUNKT REHACARE werden digitale Assistenzsysteme vorgestellt. Die Expertinnen und Experten der Bundesagentur für Arbeit beraten in Halle 6 an Stand D 11 zur beruflichen Rehabilitation – sie berücksichtigen die persönliche Situation, beziehen Fähigkeiten, berufliche Wünsche und Interessen mit ein. Darüber hinaus informieren sie über individuelle Unterstützungsmöglichkeiten.
Unterstützung und Teilhabe ist auch das große Thema der DGUV, dem Arbeitgeber von Georgia Harea: Am Gemeinschaftsstand in Halle 6, D21, gibt es einen Mobilitätsparcours, bei dem ausprobiert werden kann, wie man mit Rollstuhl, Rollator oder Prothese sicher unterwegs ist. Bei DGUV job, einem Service der Berufsgenossenschaften mit gesetzlichem Auftrag, geht es um die Vermittlung motivierter Bewerberinnen und Bewerber, die sich nach einem Arbeitsunfall oder aufgrund einer Berufskrankheit beruflich neu orientieren oder in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden möchten.
Wie gut das funktionieren kann, erfährt Georgia Harea jetzt in ihrem Job: „Vorher habe ich über Jahre stapelweise Bewerbungen geschrieben und dachte irgendwann, es gibt nichts Passendes für mich.“ Die fehlende Barrierefreiheit vieler Unternehmen war unter anderem auch ein Grund der Arbeitslosigkeit. Dann startetet sie bei der DGUV – erst in der Abteilung für Internationale Beziehungen, nun in der Kommunikationsabteilung: "Dort hat man sogar monatelang auf mich gewartet, weil erst Versicherungsfragen mit der Arbeitsagentur geklärt werden mussten. Ich bin unbefristet angestellt und kann die meiste Zeit zuhause arbeiten. Mit vielen Bemühungen habe ich auch erreicht, dass mich ein Fahrdienst von Zeit zu Zeit ins Büro bringt." Damit sie dort den hochflorigen Teppichboden besser meistern kann, bekam sie eine Anschiebhilfe für den Rollstuhl: "Die habe ich mal auf der REHACARE gesehen und als Arbeitsmittel für mich vorgeschlagen. Mit Erfolg!"