REHACARE.de sprach mit Initiator und Projektleiter Prof. Ledwig über die Möglichkeiten des "Blinden-Kits" und warum die enge Zusammenarbeit mit blinden Menschen so wichtig war.
Herr Prof. Ledwig, Ausstellungen in Museen sind für blinde Menschen in der Regel nicht zugänglich. Wie kann mit dem „Blinden-Kit“ mehr Barrierefreiheit erreicht werden?
Prof. Christopher Ledwig: Ausstellungsstücke vom Mittelalter bis in die jüngere Vergangenheit wurden von uns crossmedial erweitert. Mit Hilfe von Smartphone und kleinen Antennen können Audiodeskriptionen über eine einfache Berührung taktiler Symbole abgerufen werden (NFC – Near Field Communication Technologie). Also entstanden mit Audiotexten, Mood-Sounds, Tast-Reliefs, Modellen sowie intelligenten Repliken per NFC-Tags kreative Ideen, die visuellen Relikte für Nicht-Sehende erfahrbar zu machen.
Als Blinden-Kit in einem handlichen Trolley begleiten diese Tools die blinden und sehbehinderten Besucher bei ihrem Gang durch das Museum. Unabhängig von buchbaren Formaten, wie öffentlichen Blindenführungen, können sie auf diese Weise das Museum unabhängig und selbstbestimmt erkunden.
In welchem Umfang waren auch sehbehinderte und blinde Menschen in die Entwicklung eingebunden?
Ledwig: Zum Start des Projektes habe ich den Studierenden mit schwarzen Tüchern für eine Stunde die Augen verbunden und sie einem taktilen Aufgaben-Spiel der Deutschen Blindenstudienanstalt BLISTA ausgesetzt. Somit konnten sie einen kleinen Eindruck davon bekommen, wie es ist, ohne den Sehsinn auszukommen.
Wir haben sowohl in der Konzeptions- als auch in der Umsetzungsphase intensiv mit blinden Probanden kooperiert. Herr Karl Kohlhaas und sein Blindenhund Angelo standen uns beispielsweise freundlicherweise zur Verfügung. Ebenso hat uns Herr Ludwig von der Tonpost [ein sehr bekanntes Audiomagazin für Blinde] aus Trier mit Tasten, Rat und Tat unterstützt.
Ein Projekt dieser Art kann ohne die enge Zusammenarbeit mit blinden und sehbehinderten Menschen nur scheitern. Es ist sehr wichtig, auf die ganz bestimmten individuellen Bedürfnisse unterschiedlichster Zielgruppen einzugehen. Uns hat neulich einmal ein blinder Proband folgenden treffenden Satz gesagt: "Fragst Du zehn Blinde, bekommst Du zehn Meinungen!"