REHACARE.de sprach mit Max Prigge von careunities über selbstbestimmtes Wohnen mit körperlicher Behinderung und Pflegebedarf.
Herr Prigge, welche Ziele verfolgen Sie mit careunities?
Max Prigge: Unser Ziel ist es, Menschen mit körperlicher Behinderung zusammenzuführen und ihnen die Möglichkeit zu geben, selbstbestimmt wohnen zu können. Gerade die Pflegesituation lässt es meist nicht zu, alleine zu wohnen, da es nicht bezahlbar wäre. Mit Wohngemeinschaften kann die Pflege durch alle Bewohner besser organisiert werden. Dadurch kann unter anderem das Pflegegeld zusammengerechnet und die Bewohner somit finanziell entlastet werden. Außerdem unterstützen die Krankenkassen die Gründung von Wohngemeinschaften mit 4.000 Euro je Bewohner, was einen weiteren Anreiz darstellt.
Zusätzlich möchten wir selbst Wohngemeinschaften schaffen, indem wir leerstehende Immobilien barrierefrei umbauen, um sie an Betroffene zu vermieten. Die Gründung dieser WGs wird von uns dann auch unterstützt. Unsere WGs sind anbieterunabhängig, sodass die Bewohner selbst entscheiden können, wie sie ihre Pflege organisieren möchten.
Was erwartet Interessierte, wenn sie auf die Online-Plattform kommen?
Prigge: Interessierte werden erst einmal über unsere Plattform und unsere Idee informiert. Wenn sie mehr Interesse haben, können sie sich dort entweder als Suchende oder Anbietende kostenlos anmelden. Anbietende stellen dort ihre entstehenden oder bestehenden WGs ein. Suchende können die Informationen, die sie dem Anbieter mitteilen wollen, online stellen. Suchende bewerben sich dann bei den von ihnen favorisierten Angeboten. Sobald der Anbieter die Bewerbung annimmt, werden die Kontaktmöglichkeiten ausgetauscht, sodass Suchender und Anbieter miteinander ins Gespräch kommen. Außerdem gibt es auch ein paar Informationen rund um die Gründung einer Wohngemeinschaft auf der Homepage.
Inwiefern waren/sind Personen beteiligt, die selbst eine Behinderung haben?
Prigge: Allein die Idee entstand durch Gespräche mit Personen, die eine Behinderung haben. Somit sind von Beginn an die Betroffenen mit involviert. Seit November 2018 arbeite ich als Glasknochenbetroffener für careunities. Durch meine eigenen Erfahrungen und das Wissen, das ich durch meine ehrenamtlichen Tätigkeiten unter anderem für die Deutsche Gesellschaft für Osteogenesis imperfecta (Glasknochen) Betroffene e. V. sammeln konnte, kann ich die unterschiedlichsten Bedürfnisse und Denkweisen von unseren potentiellen Kunden gut beurteilen und einschätzen. Dadurch ist es uns gelungen, Möglichkeiten zu finden, wie wir sicherstellen können, dass die Bewohner der WG ihre Pflege eigenständig organisieren können und nicht von einem ambulanten Pflegedienst abhängig sind.
Das Feedback ist bisher sehr positiv. Natürlich ist es für viele erstmal etwas Neues, da das Konzept auf der Ebene Menschen mit einer körperlichen Behinderung noch sehr wenig erprobt und bekannt ist. Dennoch erkennen viele, die sich mit der grundsätzlichen Thematik befassen, dass die Notwendigkeit durchaus besteht. Einige befürchten, dass die Bewohner in unseren WGs nicht frei in der Entscheidung des Pflegedienstes und ihrer Freizeit sind. Diese Angst möchten wir ihnen unbedingt nehmen, da uns das Wohlbefinden und die Selbstbestimmung jedes einzelnen Mieters sehr wichtig sind. Ganz im Sinne der Selbstbestimmung können die Bewohner frei über ihre Pflege und Assistenzdienste entscheiden und diese organisieren. Es wird niemand von einem Pflegedienst unserer Wahl abhängig sein. Auch bei künftigen Mitbewohnern entscheidet die WG zusammen, ob die Person aufgenommen werden soll oder nicht.