Durch die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Kontaktbeschränkungen wurde das Interesse an digitalen Lösungen allerdings zusätzlich beschleunigt. Im Alltag einer*s Orthopädietechniker*in ist nicht immer Zeit, die neuesten Innovationen zu erproben, Erfahrungen damit zu sammeln und sie auf Herz und Nieren für die Tauglichkeit in den eigenen Workflows zu prüfen. Ein Umstand, der sich im vergangenen Jahr geändert hat. "Es war deutlich spürbar, dass Orthopädietechniker*innen sich Zeit genommen haben, sich mit digitalen Alternativen auseinanderzusetzen", bestätigt Fröhlingsdorf und weiter: "Homeoffice ist gut und schön, einen Gipsraum hat aber niemand zu Hause." Der übliche Weg zu einer Orthese geht über einen Gipsabdruck des betreffenden Körperteils und der physischen Anfertigung in der Werkstatt, bevor das Werkstück dann noch an den*die Anwender*in final angepasst werden muss.
Die digitale Werkstatt hat also noch einen weiteren Pandemie-Vorteil: Als Basis braucht es nur noch einen 3D-Scan, statt einem Gipsabdruck. Der direkte, enge Kontakt zu den Kund*innen wird damit entspannt. Alle weiteren Schritte der Orthesenerstellung bis zur finalen Anprobe beziehungsweise Abgabe – also mögliche (Haltungs)Korrekturen, sowie die Modellierung samt finalem Design – können beispielsweise mittels MSP oder iFab von überall einfach digital erledigt werden. Alles, was es braucht, sind ein Computer und ein Internetanschluss. Vom Upload des 3D-Scans bis zum Download der fertigen 3D-Druckdatei bedarf es weniger Zeit, als es mit einem Gipsabdruck und der Arbeit in der physischen Werkstatt der Fall wäre. Die Zeit, die der Orthesenrohling im Druck benötigt, kann in die Versorgung weiterer Patient*innen investiert und damit die Fachkenntnis noch effektiver eingesetzt werden.
Zusätzlich sind die digitalen Orthesen jederzeit reproduzierbar und anpassbar. Das trägt auch zur Müllvermeidung bei. Mit digitalen Fertigungsverfahren lässt sich nicht nur Zeit sparen, die den Patient*innen zugutekommt, auch die Material-Ersparnis ist ein Grund für die digitale Werkbank.
"Orthopädietechniker*innen werden mehr und mehr die Ängste vor der Digitalisierung ablegen, weil sie den Nutzen zu schätzen lernen. Auch deswegen haben wir uns bei Mecuris für eine leichte Bedienbarkeit entschieden. Es verringert die Hemmschwelle und die Skepsis, auf Software zurückzugreifen", ist sich Peter Fröhlingsdorf sicher. Und bislang hatte man bei Mecuris noch immer das richtige Näschen. Auch bei Ottobock ist man sich sicher, dass sich das Berufsbild der*des Orthopädietechniker*in durch die Digitalisierung wandelt: "Die handwerkliche Komponente bleibt weiterhin bestehen. Sie verschiebt sich allerdings von rein analogen Prozessen wie Gipsarbeiten und ähnlichem hin zu digitalen Prozessen wie beispielsweise dem Modellieren von Patient*innen-Scans am Computer", schaut Hohlfeld voraus.