Der 3D-Druck ist aus vielen Bereichen unseres Lebens nicht mehr wegzudenken, das gilt auch für die Hilfsmittel-Branche und Patient*innen-Versorgung. Immer bessere Drucker und individuelle Anpassungsmöglichkeiten zum Beispiel von Gelenkschienen oder Prothesen sprechen Versorgende und Anwendende gleichermaßen an.
Eine individuell angepasste Orthese sitzt oftmals besser als Standardmodelle.
Der Vorteil für die Patient*innen liegt klar auf der Hand: Sie erhalten eine individuelle Anpassung, die zügig angefertigt werden kann. Anders als früher muss kein Gipsabdruck mehr genommen werden, der als Vorlage für eine Prothese oder Orthese dient. Für den 3D-Druck kommt ein Scanner zum Einsatz. Hierfür kann ein Tablet benutzt werden oder ein spezielles Handgerät (ein Hand-Scan bei rahm ist in diesem Video zu sehen). Die gesammelten Daten werden im Anschluss am Computer verwendet, um das Computermodell des gewünschten Produktes herzustellen. Dabei kommt ein spezieller Stift zum Einsatz, der ein Modellieren im virtuellen Raum erlaubt. Sobald das gewünschte Modell am Computer erstellt ist, wird es an den 3D-Drucker geschickt.
Je nach Sanitätshaus gibt es Drucker direkt vor Ort oder es werden externe Dienstleister hinzugezogen. Doch heißt dies nun, dass andere Verfahren nicht mehr genutzt werden? Nein, sagt André Dick, Leiter digitale Orthopädietechnik bei rahm Zentrum für Gesundheit GmbH: "Der 3D-Druck ersetzt herkömmliche Verfahren zur Erstellung von Orthesen und Prothesen keineswegs. Vielmehr ergänzt er die Orthopädietechnik um eine facettenreiche Methode. Das Zusammenspiel von altbewährten Methoden wie Silikontechnik oder das Verarbeiten von Carbon und die 3D-Druck-Technik bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten und vergrößert so die Produktpalette um früher nicht denkbare Versorgungsansätze."
Individuelle Versorgung ist mehr als nur ein Schlagwort
Neben Prothesen und Orthesen für den Alltag gibt es durchaus auch individuelle Kundenwünsche, die an die Sanitätshäuser herangetragen werden. So ist gerade das Thema Mobilität ein Bereich, in dem oftmals nur eine passende Prothese helfen kann – und dies nicht nur beim Gehen, sondern auch beim Autofahren! So können spezielle Prothesen helfen, wieder ein Auto zu steuern, wenn etwa eine Hand fehlt. Dies auch, wenn darüber hinaus die Mobilität der Beine eingeschränkt ist, wie dieses Beispiel im Video zeigt. Das Sanitätshaus rahm ist eine Kooperation mit der F. Sodermanns Automobile GmbH eingegangen, ebenfalls Aussteller auf der REHACARE (Infos und Artikel zum Autohaus Sodermanns finden sie hier), um Kundenwünsche noch besser erfüllen zu können.
Ein Lenkrad mit Fahrhilfe und spezieller Prothese auf dem Gas-Brems-Schieber für eine Rollstuhlfahrerin mit amputierter rechter Hand.
Verwendungszweck bestimmt die Herstellung
Ob der 3D-Druck für das benötigte Hilfsmittel verwendet wird oder nicht, ist natürlich auch immer eine Frage des Einsatzbereiches. Generell kann jedoch gesagt werden, dass die Langlebigkeit dieser Hilfsmittel ebenfalls gegeben ist: "Die Lebensdauer von 3D-gedruckten Modellen hängt sehr stark von dem Einsatzgebiet ab. Aufgrund dessen ist die Abschätzung, wann 3D-Druck und wann altbewährte Methoden wie beispielsweise Carbonfaser verstärkte Kunststoffe zum Einsatz kommen, wichtig, um die beste Versorgung zu erreichen. Wenn sich für ein 3D-gedrucktes Hilfsmittel entschieden wird, ist hier aber eine entsprechende Lebensdauer gewährleistet", so Dick.
Darüber hinaus entwickelt sich die Technik immer weiter, wird verbessert und Fehler werden behoben. Der Experte ist sich jedenfalls sicher: "Die 3D-Druck-Technik wird in der Zukunft eine hohe Relevanz haben. Wir alle wissen, dass der technologische Wandel rasant ist. Daher ist nicht abzusehen, welche neuen Techniken in den nächsten Jahren auf den Markt kommen. Allgemein lässt sich sagen, dass die Kombination aus altbewährten und neuen Techniken zu tollen Versorgungsmöglichkeiten führen und die Zukunft sicher noch zahlreiche Lösungen bietet, an die wir heute möglicherweise noch nicht denken."