Ob auf der Arbeit oder in der Freizeit – ein Leben ohne Computer ist für die meisten von uns schlicht undenkbar. Doch was passiert, wenn aufgrund einer Behinderung die Bedienung von Tastatur und Maus mit den Händen nicht oder nicht mehr möglich ist? Die LIFEtool Solutions GmbH aus Österreich hat eine Lösung entwickelt – die IntegraMouse. Wir trafen Geschäftsführer David Hofer auf der REHACARE 2019.
Auf der REHACARE 2019 stand David Hofer für jegliche Fragen den Besucher*innen vor Ort zur Verfügung und hat die IntegraMouse bei Bedarf auch gerne vorgeführt.
Herr Hofer, wie ist die Idee für die IntegraMouse entstanden? David Hofer: Ursprünglich haben wir die IntegraMouse für eine Person entwickelt – ein junger Mann, der seit einem Unfall und einem Bruch der obersten Halswirbel querschnittsgelähmt ist. Dieser junge Mann von 21 Jahren suchte uns vor etwa 15 Jahren in der Beratung auf. Wir als LIFEtool sind ja in erster Linie eine gemeinnützige Organisation, die Menschen mit Behinderung beratend unterstützt. Insbesondere informieren wir in unseren Beratungsstellen über technische Hilfsmittel und Spezial-Software für Menschen mit Behinderung.
Dieser junge Mann wollte nun also unbedingt wieder am Computer arbeiten – auch mit Querschnittslähmung. Er war es, der uns auf die Idee mit der Mundsteuerung brachte, denn er konnte mit seiner fortgeschrittenen Lähmung immer noch einen Strohhalm im Mund halten. Damals hatten wir keine Ahnung, wie viele Menschen es gibt, die eine solche Art der Steuerung dringend benötigten und geradezu darauf warteten. Von der Idee bis hin zur ersten serienreifen Generation der IntegraMouse brauchte es allerdings noch einige Jahre.
Für wen genau eignet sich also die IntegraMouse? Hofer: Die Maus ist für all jene Menschen entwickelt worden, die einen schweren Querschnitt haben, also sehr stark gelähmt sind. Sie eignet sich aber auch für Menschen mit verkürzten Gliedmaßen, amputierten Armen oder mit fortschreitenden Muskelerkrankungen.
Für welche Anwendungen eignet sich die IntegraMouse? Hofer: Letztlich kann man jeden Computer damit bedienen und auch alle Anwendungen. Egal, ob Outlook, Excel, Photoshop – alles, was der Computer hergibt, kann gesteuert werden. Wir haben beispielsweise auch einen DJ als Kunden, der mit der Maus sein Programm steuert. Zu unserer Kundschaft gehören aber auch Architekten und Professoren. Überhaupt standen die Arbeit am Computer und die Bedienung dafür notwendiger Programme im Fokus der Entwicklung der IntegraMouse.
Für die zweite Generation haben wir jetzt aber noch eine andere Funktion in den Fokus genommen, nämlich das Gaming. Viele PC-Spiele verlangen ein Gamepad oder einen Joystick. Also haben wir kurzerhand eine Joystick-Funktion eingebaut. Man kann jetzt zwischen den Modi wechseln. Je nachdem, ob man die Maus für die Arbeit benötigt oder damit spielen will, wechselt man in den jeweiligen Modus. Zusätzlich haben wir auch eine Funktion für Online-Spiele eingebaut, die nur mit der Tastatur gespielt werden können. Drei Geräte in einem sozusagen. Neu ist außerdem, dass auch Smartphone und Tablet mit der IntegraMouse bedient werden können und dass sie zudem kabellos über eine Funkverbindung verwendet werden kann.
Was unterscheidet die IntegraMouse von anderen mundgesteuerten Computermäusen auf dem Markt? Hofer: Neben der eben genannten Fülle an möglichen Funktionen ist die IntegraMouse die einzige mundgesteuerte Maus, die als Medizinprodukt zertifiziert ist.
Auch spielt für uns das Design eine große Rolle. Es gibt genug Lösungen, bei denen die Frage der Ästhetik keinerlei Rolle spielt. Deshalb haben wir uns einen Designer mit ins Boot geholt. Er hat sich die Frage gestellt, welche Gegenstände der Mensch ähnlich im Mund hält wie die IntegraMouse. Eingefallen sind ihm Musik- beziehungsweise Blasinstrumente wie beispielsweise das Saxophon. Und so wurden Form und Aussehen der Maus ein wenig dem Saxophon nachempfunden.
Welche weiteren Anwendungsmöglichkeiten sind noch geplant? Hofer: Wir sammeln fortlaufend Feedback von unseren Anwender*innen. Häufig geäußert wurde der Wunsch nach einer Sprachsteuerung, sowohl von Menschen, die viel mit Textproduktion zu tun haben, als auch von Gamer*innen. Derzeit sind wir dabei zu überlegen, wie wir das für die nächste Generation der IntegraMouse umsetzen können.
Ein weiterer Punkt, dem wir uns annehmen wollen, ist der Kostenfaktor. Die IntegraMouse kostet momentan 1.800 Euro netto. In manchen Ländern, in denen die Menschen nicht auf so ein gutes Versorgungsnetzwerk wie hier in Deutschland zurückgreifen können, ist die Finanzierung einer solchen Summe schwierig. Wir überlegen derzeit also, ob wir die nächste Generation als eine Art Basismodul entwickeln, die nur über die Mausfunktion verfügt. Alle weiteren Features würden wir dann als jeweilige Extra-Module anbieten.
Was bedeutet für Sie als Unternehmen die Teilnahme an der REHACARE? Hofer: Unsere erste REHACARE haben wir 2003 mitgemacht – damals mit der allerersten Generation der IntegraMouse. Das war für uns der Beginn vieler Geschäftspartnerschaften und Freundschaften. Von der REHACARE aus konnten wir sogar Kontakte bis in die USA und nach Kanada knüpfen. Für unser Unternehmen, das kann ich stolz behaupten, war die REHACARE ein richtiges Sprungbrett.