Natürlich komme es auch darauf an, was ein Mensch für Anforderungen an sein Hilfsmittel stellt, was er noch kann oder er gern wieder können möchte. Nicht für jede*n Patient*in ist das technisch anspruchsvollste und modernste Hilfsmittel auch das Beste. Aber für Werner ist es eine positive Entwicklung, dass Anwender*innen "mehr Lebensqualität und Individualität von uns Technikern fordern und auch bereit sind, mit ihrem Kostenträger in den Ring zu steigen, um ihre Belange durchzusetzen."
Am generellen Problem, dass eben nicht die Techniker*innen festlegen, was das beste Produkt für ihre Kund*innen ist, sondern letztlich die Kostenträger, ändert das aber auch nichts. "Wir würden auch gern stylish, modern und digital arbeiten. Aber das ist in unserer Branche nicht immer machbar", sagt Felix Raab deshalb. Ein Problem, das auch Peter Fröhlingsdorf, CEO von Mecuris sieht. "Die Versorgungssituation käme durchaus mit dem Innovationstempo mit. Es wären viel mehr innovative und vor allem individuelle Versorgungen möglich, aber die Kostenträger lehnen systematisch moderne Hilfsmittel ab", ist seine Einschätzung. Besonders schlimm kommt dieser Punkt bei der Hilfsmittelversorgung von Kindern und Jugendlichen zum Tragen. Denn sie haben natürlich aufgrund ihres Wachstums und ihrer Entwicklungsmöglichkeiten auch einen erhöhten Bedarf an individuellen Hilfsmitteln. Doch viel zu oft müssen die Eltern um die Kostenübernahme kämpfen und die Versorgung wird so unnötig in die Länge gezogen. Fröhlingsdorf nennt das einen fatalen Systemfehler. Immerhin seien neben Angehörigen auch Fachärzt*innen, Therapeut*innen/Pflegepersonal und Techniker*innen in die Versorgungsentscheidung einbezogen und würden das Hilfsmittel auswählen, was im besten Falle sogar die Behinderung kompensieren kann oder am besten zum*zur Patient*in passt. "Richtig wäre es, dass das versorgende Team die Entscheidungshoheit hat über die Art und Ausführung des Hilfsmittels", so der Mecuris-CEO.
Aber abgesehen von der Problematik der Kostenübernahme ist es in der Orthopädietechnik auch nicht so, dass alles, was technisch möglich ist, auch adaptierbar ist. Jeder Mensch hat seine eigene spezielle Physiognomie, seinen eigenen Charakter und ganz individuellen Problemfall. "Alles, was cool, hipp und modern ist, kommt bei unserem Berufszweig erst Jahre später an", so Felix Raab. Beim Beispiel 3D-Druck wäre man in anderen Branchen zum Beispiel bereits wesentlich weiter als das, was aktuell in der Orthopädietechnik Anwendung findet. "Das ist so, weil bei uns alles immer heruntergebrochen werden muss. Weil es einfach so viele Parameter gibt, die in unser Berufsfeld hineinspielen, die technisch aktuell einfach unheimlich schwer zu kalkulieren sind."