Gamification-Elemente steigern zusätzlich die Motivation. Dies gilt auch für Skolio-FED, einem innovativen System für die Korsettbehandlung. Modernes und wertiges Design sprechen die Patient*innen an, datenbasierte Empfehlungen zur Therapie unterstützen Therapeut*innen. Und das Fraunhofer IWU macht auch Orthesen smart: Bei Sprunggelenksverletzungen misst SensO-FeeT Kräfte, Winkel und Beschleunigungen im Sprunggelenk während des Gehens, um die Belastungen des verletzten Gelenks zu ermitteln. Eine App kann so vor erneuter Überlastung warnen. Für die Ruhigstellung vieler weiterer Gelenke stehen nun 3D-gedruckte Orthesen mit integriertem Draht zur Verfügung. Über den eingebetteten Draht lässt sich die Orthese erwärmen und je nach Behandlungsfortschritt immer wieder neu an das Gelenk anpassen.
Im Fokus physiotherapeutischer Behandlungen steht die Haltungskorrektur durch aktiv von Patient*innen ausgeführte segmentale Bewegungen. Ein Beispiel dafür ist die insbesondere in Deutschland weit verbreitete Schroth Therapie. Die durch Therapeut*innen angeleitete Methode basiert auf gezielten Bewegungsübungen der paravertebralen Zielmuskulatur und die so genannte Dreh-Winkel-Atmung. Ziel ist eine selbstständig erreichte aufrechte Körperhaltung. Diese aktiven Therapieübungen setzen voraus, dass die Patient*innen anspruchsvolle Bewegungsabläufe verstehen und umsetzen können. Dazu bedarf es meist einer direkten Betreuung durch Therapeut*innen oder Ärzt*innen. Entsprechend hoch ist der zeitliche Aufwand.
Im Projekt iScoolio entwickelte das Fraunhofer IWU die technologische Basis für eine ganzheitliche und individualisierte Skoliose-Therapie mit körperlichen Übungen zum Aufbau der Körperhaltungsmuskulatur bei idiopathischer Skoliose; Projektpartner waren die Protronic Innovative Steuerungselektronik GmbH, die Fuzz Tech IT Solutions GmbH sowie das Universitätsklinikum Jena. Das System gewährleistet ein umfassendes Patient*innen-Monitoring, Echtzeitfeedback und Langzeitkontrolle über den Therapieerfolg. Visuelle Rückmeldungen in der App geben Patient*innen die Sicherheit, ohne professionelle Überwachung durchgeführte therapeutische Übungen auch "richtig" gemacht zu haben. Zusätzlich steigern ein digitales Nutzerprofil und Gamification-Elemente die Motivation.
Bei ihren Übungen tragen Patient*innen eine mit Sensoren bestückte Weste. Die Sensoren übernehmen das Motion Tracking und überwachen die Atmung. Für das Nachvollziehen der Bewegungsabläufe ist also kein Kamerasystem erforderlich. Zusätzliche Module ermöglichen die Simulation einer Sprossenwand im Türrahmen, das Tracken von Kräften beim Ausführen der Übungen oder ein Training der tieferliegenden Muskulatur durch das gezielte Einbringen einer wackligen Unterlage. Zudem bietet die Messung des COP (Center of Pressure) einen diagnostischen Anhaltspunkt für den Verlauf der Therapie. iScoolio könnte sogar Therapiesysteme für das private Umfeld ohne Therapeut*innen ermöglichen; konzipiert ist es in erster Linie jedoch zur Begleitung von Physiotherapien, bei denen ärztliches oder therapeutisches Personal nicht jede Übung vor Ort persönlich betreuen kann.
Unterstützungsformen wie zum Beispiel die Korsettbehandlung sind oft notwendig, wenn die Skoliose schon weiter fortgeschritten ist. Dabei kann die geräteunterstütze FED-Methode (Fixation, Elongation, Derotation) in vielen Fällen gute Behandlungsergebnisse vorweisen. Bei der FED-Methode wird die skoliotische Wirbelsäulenverkrümmung durch intervallartige Druck- und Entlastungsphasen korrigiert. Patient*innen nehmen die erzielte Aufrichtung bewusst wahr und sollen sie in den Druckpausen selbstständig halten. Damit ist die Therapie eine Kombination aus passiver und aktiver Behandlung. Gemeinsam mit dem Institut für Biomedizinische Technik der Technischen Universität Dresden und dem Institut für Physiotherapie des Universitätsklinikums Jena hat das Fraunhofer IWU auf Basis der FED-Methode ein multifunktionales therapeutisch-diagnostisches System entwickelt, das vor allem junge Patient*innen im Fokus hat. Besonderen Wert legten die Partner daher auf ein ansprechendes Design.
Skolio-FED registriert über Sensoren Bewegungen der Patient*innen und schafft die Datenbasis für Therapieempfehlungen: Auf Grundlage einer FED-Visualisierung können Ärzt*innen eine auf die Bedürfnisse der Patient*innen angepasste Therapie entwickeln. Wie iScoolio gibt auch Skolio-FED Patient*innen visuelles Trainingsfeedback und stärkt über Gamification-Funktionen die Motivation – eine wichtige Voraussetzung für den Therapieerfolg gerade bei sehr jungen Patient*innen.
Bei einer Behandlung von Sprunggelenksverletzungen mit Bandagen oder Orthesen kommt es durch Fehleinschätzungen über die Belastbarkeit häufig zu erneuten Verletzungen. Abhilfe könnte ein System schaffen, das Patient*innen vor einer Überbelastung warnt. In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt SensO-FeeT entwickelt das Fraunhofer IWU gemeinsam mit weiteren Partnern deshalb eine smarte Sprunggelenk-Orthese, die mit einer App gekoppelt ist. Durch die Kombination von verschiedenen Sensoren auf dieser Orthese werden Kräfte, Winkel und Beschleunigungen im Sprunggelenk während des Gehens gemessen. Ziel ist es, die Belastungen des verletzten Gelenks möglichst genau zu ermitteln. Die gemessenen Sensordaten werden dabei stetig ausgewertet und aufgezeichnet. Kleine Vibrationsmotoren auf der Orthese sowie ein zusätzliches Feedback über die App kündigen eine Überbelastung des Fußgelenkes an, so dass Patient*innen darauf mit einer Schonhaltung reagieren können. Die Aufzeichnung von Belastungskurven ermöglicht zudem eine Nachverfolgung und Bewertung der Therapie. Projektpartner des Fraunhofer IWU in SensO-FeeT sind die Sporlastic GmbH, die MCG motion capture GmbH, die 4K ANALYTICS GmbH, die imbut GmbH und die WESOM Textil GmbH.
Fingerorthesen kommen meist zur Ruhigstellung einzelner Finger zum Einsatz und sollten für eine bestmögliche Wirkung für die Patient*innen maßgefertigt sein. Mit WEAM (Wire Encapsulation Additive Manufacturing) lassen sich Orthesen zunächst in 2D drucken und für die individuelle Fingergröße vordimensionieren; dank "eingedruckter" Drähte können sie anschließend optimal an die Ergonomie des Fingers angepasst werden. Dazu wird der integrierte Draht über elektrischen Widerstand aufgeheizt, wodurch sich der Kunststoffmantel auf 35 bis 40 Grad Celsius erwärmt. Kunststoff ist dann ähnlich leicht formbar wie Knetmasse; nach dem Wiederabkühlen ist er so steif, dass er seine vorgesehene Stützfunktion optimal erfüllen kann. Der Vorteil gegenüber vorgefertigten Standardorthesen ist die individuelle Anpassbarkeit, auch noch im Verlauf der Behandlung: eine neuerliche Erwärmung des Kunststoffs genügt. Im Vergleich zu dreidimensional gedruckten Produkten benötigen WEAM-Orthesen weniger Druckzeit und sind dank der flexiblen Anpassbarkeit weniger fehleranfällig.
REHACARE.de; Quelle: Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU