Eröffnet wurde die Veranstaltung von LVR-Direktorin Ulrike Lubek, die direkt zu Beginn für einen offenen und ehrlichen Austausch warb: "Uns ist es wichtig, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen. Die Staatenprüfung hat gezeigt, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben; um diesen erfolgreichen zu bewältigen, ist es unerlässlich, dass sich die betroffenen Menschen unmittelbar beteiligen können."
Ende August 2023 wurde Deutschland als Vertragsstaat der UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) zum zweiten Mal geprüft. Die Empfehlungen des zuständigen UN-Fachausschusses in Genf betreffen mit der deutlichen Kritik an den Sondereinrichtungen in den Bereichen Bildung, Arbeit und Wohnen auch zentrale Arbeitsfelder des LVR. Inklusion, Selbstbestimmung und Teilhabe in allen Lebensbereichen sei das Leitmotiv des LVR, betonte Ulrike Lubek in ihrer Rede.
Im Hinblick auf die Ergebnisse der zweiten Staatenprüfung äußerte sie sich daher kritisch: "Mich irritiert und in gewisser Weise stört es mich auch, dass Deutschland im internationalen Vergleich nach 14 Jahren UN-Behindertenkonvention immer noch solch gravierende Umsetzungsprobleme zu haben scheint. Das ist nicht unser Anspruch."
Aber wie sieht das Verfahren der Staatenprüfung konkret aus? Gelten die abschließenden Bemerkungen des UN-Fachausschusses überhaupt für NRW? Und wo sieht der UN-Fachausschuss die dringlichsten Handlungsnotwendigkeiten? Über diese Fragen sprach Dr. Susann Kroworsch von der Monitoring-Stelle BRK beim Deutschen Institut für Menschenrechte aus Berlin anschließend im Gespräch mit Moderatorin Melanie Wierum von der LVR-Stabsstelle Inklusion – Menschenrechte – Beschwerden. "Der UN-Fachausschuss war sehr deutlich in seinen Worten. Es gehe nicht darum, Inklusion ein bisschen umzusetzen, sondern einen ernsthaften Strukturwandel zu gestalten.", so Dr. Kroworsch.
Insbesondere in den Handlungsfeldern Bildung, Arbeit und Wohnen habe sich der Ausschuss zum Teil sehr besorgt gezeigt, zum Beispiel über die Vielzahl der Kinder mit Behinderungen in Förderschulen oder den geringen Anteil an Übergängen aus den Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Hier seien von Deutschland klare Strategien für den Übergang hin zu mehr Inklusion gefordert worden.
Inklusive Bildung, Arbeit, Wohnen, Nachhaltigkeit
Bevor es in einen offenen Dialog mit dem Teilnehmenden ging, setzten sich Claudia Middendorf, NRW-Behindertenbeauftragte, Josef Wörmann, Vorsitzender LVR-Ausschuss für Inklusion, Karin Schmitt-Promny, Vorsitzende LVR-Beirat für Inklusion und Menschenrechte und Peter Gabor, Vorsitzender Landesbehindertenrat NRW e.V., in einer Gesprächsrunde mit der Frage "Staatenprüfung – und jetzt?" auseinander. Diskutiert wurde nicht nur über die drei Hauptthemen inklusive Bildung, Arbeit und Wohnen, sondern auch über inklusive Nachhaltigkeit und die Frage, was nötig ist, um die BRK noch stärker auf kommunaler Ebene sichtbar zu machen.
Die nächste Staatenprüfung ist für 2031 angesetzt. Der Wunsch der Expert*innen bis dahin: Eine inklusive Gesellschaft, in der Menschen mit und ohne Behinderungen gleichgestellt sind, gleichberechtigt teilhaben können und in der es weniger Sonderwelten gibt. Hierfür brauche es mehr Input auf politischer Ebene, entsprechende finanzielle Ressourcen und ein stärkeres Bewusstsein in der Gesellschaft. Der 6. LVR-Dialog Inklusion und Menschenrechte bildete für den LVR erst den Auftakt zur weiteren intensiven Befassung mit der Staatenprüfung. Um den Austausch und Dialog fortzusetzen, sind im nächsten Jahr verschiedene Online-Workshops geplant.
REHACARE.de; Quelle: Landschaftsverband Rheinland (LVR)