Beim jüngsten virtuellen Symposium von Ottobock tauschten Forschende aus den USA und der EU ihre Erfahrungen mit der Studie aus. Sie diskutierten, wie sich diese wichtigen neuen Daten auf die klinische Praxis auswirken können.
Moderiert wurde das Symposium von Prof. Dr. med. Dipl. oec Bernhard Greitemann, Ärztlicher Direktor und Cheforthopäde der Rehabilitationsklinik Münsterland in Bad Rothenfelde. Mit ihm diskutierten Neurorehabilitationsspezialist*innen aus den USA und den Niederlanden: Shane R. Wurdeman, PhD, CPO, FAAOP, vom Hanger Institute of Clinical Research and Education in Austin, TX und Dr. Bea Hemmen vom Adelante Rehabilitation Center in Hoensbroek, NL, sowie Arne Schlausch, Clinical Project Manager bei Ottobock. Alle drei Referent*innen spielten eine bedeutende Rolle in der C-Brace Study Investigator Group (CBSIG), dem multinationalen Konsortium, das hinter der neuen Forschung steht. Ihre Initiative war die erste internationale, randomisierte, multizentrische KAFO-Studie – die letztlich 14 Standorte in vier Ländern umfasste und an der mehr als 100 Personen mit drei verschiedenen Orthesen-Klassen teilnahmen.
KAFOs und standphasenkontrollierte Orthesen (SCOs) sind vertraute Hilfsmittel mit bekannten Nachteilen, darunter fehlender Stolperschutz und begrenzte Unterstützung des reziproken Gangs unter "realen" Bedingungen (unebenes Terrain, Steigungen, Treppen). Bei der Eröffnung des Symposiums wies Dr. Wurdeman darauf hin, dass in der Neurorehabilitation eine sinnvolle Erweiterung des technologischen Instrumentariums der Orthopädietechniker*innen überfällig ist – wie auch Daten, die den zusätzlichen klinischen Nutzen für die Patient*innen belegen.
Diesen Erfordernissen wird die neue CBSIG-Studie gerecht, indem sie herkömmliche KAFOs mit C-Brace vergleicht. Der Aufbau der Studie beinhaltete mehrere Neuerungen in der Orthetik: ein randomisiertes und kontrolliertes Crossover-Konzept, eine internationale Patient*innenpopulation, eine große Stichprobenzahl und Endpunkte, die auf die Prioritäten der Patient*innen abgestimmt waren. Die Analysen umfassten sowohl eine Intention-To-Treat (ITT)-Population von 102 Patient*innen, die sich mindestens einer Datenerhebung unterzogen hatten, als auch eine Per-Protokoll-Kohorte (PP) von 69 Patienten, die die Studie wie geplant abschlossen.
Die Ergebnisse, so Dr. Wurdeman, seien für beide Gruppen "aufsehenerregend":
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Signifikante Verbesserung der Patient*innensicherheit: Das C-Brace reduzierte das Sturzrisiko der Teilnehmenden deutlich effektiver als eine KAFO (ITT: p=0,0008 vs. KAFO, PP: p=0,008 vs. KAFO). Der Einsatz des C-Brace reduzierte zudem die Anzahl der tatsächlichen Stürze signifikant um beeindruckende 78 % (PP: p=0,00047 vs. KAFO).
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Signifikante Verbesserung der Mobilität: Im Vergleich zu einer herkömmlichen KAFO verbesserte das C-Brace signifikant mehrere Aspekte der objektiven und selbstberichteten Mobilität der Teilnehmenden, einschließlich des Gangs (PP: p<0,00001), der Fähigkeit Treppen hinabzusteigen (PP: p=0,006), und der Gesamtfunktionalität der unteren Extremitäten (PP: p=0,00006).
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Signifikant verbesserte Lebensqualität (QoL): Die Teilnehmenden gaben an, dass das C-Brace ihren allgemeinen Gesundheitszustand (PP: p<0,05), ihre körperliche Funktion (PP: p<0,0001), ihr Energieniveau (PP: p<0,01), ihre Gesundheitsveränderung (PP: p<0,001) und ihr emotionales Wohlbefinden (PP: p<0,01) deutlich wirksamer verbesserte als eine KAFO.
Wie Dr. Wurdeman betonte, haben die neuen Daten großes Potenzial, die Versorgung von Patient*innen mit Parese der unteren Extremitäten voranzutreiben – sind jedoch nur der erste Schritt für die CBSIG. Zukünftige Subgruppenanalysen könnten noch wichtigere Erkenntnisse über den klinischen Wert des C-Brace liefern, einschließlich Leitlinien für die Patient*innenauswahl. Arne Schlausch vom Team Clinical Research bei Ottobock sprach die unmittelbare Anwendung der aktuellen Studiendaten an. Er wies darauf hin, dass die individuellen Ergebnisse der Studienteilnehmenden eine wertvolle "Brücke zur Kostenerstattung" für künftige Anträge an die Kostenträger darstellen könnten. Er lieferte das praktische Beispiel einer Teilnehmerin aus dem Studienzentrum Ottobock in Göttingen, deren eindrucksvolle Ergebnisse denen der Gesamtstudie entsprachen. In Verbindung mit der Videodokumentation unterstützten die Ergebnisse ihrer Studienteilnahme einen erfolgreichen Erstattungsantrag.
Er schlug vor, dass dieser Ansatz ein Modell für den Zugang zum C-Brace sein könnte. Um passende Patient*innen ausfindig zu machen, wies er die Kliniker*innen auf die vier Sitz- und Stehkriterien der Berg-Balance-Skala (BBS) hin – primäre Studienergebnisse, die ebenfalls starke Indikatoren für einen C-Brace-Kandidaten sind. Die Berücksichtigung dieser Messungen kann dazu beitragen, die Grundlage für eine erfolgreiche Produkttestung und einen überzeugenden Erstattungsantrag zu schaffen.
Als weiteren Beweis führte er eine Live-Demo mit dem Orthesenanwender Wolfgang durch: einem Patienten mit Post-Polio-Syndrom, der von einer KAFO auf das C-Brace umgestiegen ist. Der Unterschied war beträchtlich, wie Wolfgang bei der Durchführung des TUG-Tests (Timed Up-and-Go) und der BBS-Sitz-Steh-Einheiten sowohl mit seiner früheren KAFO als auch mit dem C-Brace demonstrierte. Wolfgang bemerkte: "Mit meinem C-Brace ist es eine andere Welt. Ich fühle mich nicht mehr behindert. Ich kann alles tun, was ich will." Der in diesem Fallbeispiel und der Anwenderdemo vorgestellte Ansatz hat sich bereits deutlich positiv auf die Erstattungsansprüche anderer Studienteilnehmenden in Deutschland ausgewirkt. Von den sieben Göttinger Teilnehmenden haben bereits sechs die Kostenübernahme für ihr C-Brace erhalten.
Dr. Hemmen gab weitere Einblicke aus ihren Erfahrungen mit Studienteilnehmenden in der Adelante Rehabilitation Group am Universitätsklinikum Maastricht. Das C-Brace hatte ihren Patient*innen zu beeindruckenden Ergebnissen verholfen, aber die Erfahrung einer bestimmten Person hatte besonders interessante praktische Auswirkungen. Ein schwerer Unfall hatte bei diesem Patienten eine erhebliche Schwäche und Instabilität in seiner verletzten Extremität hinterlassen und seine Unabhängigkeit und Autonomie stark beeinträchtigt.
Mit einer KAFO stürzte er mehrmals pro Woche, benötigte Unterstützung bei vielen alltäglichen Aktivitäten und hatte sowohl zu Hause als auch bei der Arbeit Probleme. Mit dem C-Brace erfuhr er signifikante Verbesserungen bei allen leistungsbezogenen und selbstberichteten Parametern der Studie: Verbesserung der statischen und dynamischen Balance, was das Sturzrisiko und die Angst vor Stürzen verringert, verbesserte Fähigkeit zur Ausübung von Aktivitäten des täglichen Lebens (ADLs) und stark gesteigertes allgemeines Wohlbefinden und Lebensfreude.
Basierend auf den Ergebnissen des Patienten und ihrer allgemeinen Erfahrung mit dem C-Brace schlug Dr. Hemmen neue Auswahlkriterien für Kandidat*innen für stand- und schwungphasenkontrollierte Orthesen vor: Unilaterale Parese/Paralyse der unteren Extremität mit erhöhtem Sturzrisiko, mäßige oder keine Spastik, keine schwere Varus-/Valgusdeviation, Knie- und/oder Hüftbeugekontraktur <10° und eine ausreichende Kraft der Hüftstrecker und -beuger für ein kontrolliertes Durchschwingen der Extremität. Nach Ansicht von Dr. Hemmen könnte das C-Brace bei Patient*innen mit diesen Merkmalen eine lebensverändernde Wirkung haben, und die CBSIG-Studie könnte einen wertvollen Rahmen für die Identifizierung dieser Patient*innen bieten – sowie für die Steuerung ihrer Rehabilitation im Hinblick auf eine positive Reaktion der Kostenträger.
Wie dieser bahnbrechende Nachweis zeigt, bietet die weltweit erste und derzeit einzige stand- und schwungphasenkontrollierte Orthese eine Reihe signifikanter Vorteile gegenüber herkömmlichen KAFOs. Für die Teams in der Neurorehabilitation, so Prof. Greitemann, liegt der nächste Schritt auf der Hand: die aktive Anwendung dieser Erkenntnisse in der Praxis und ihre weitere Auswertung für die Beratung auf Patient*innenebene.
Da der Druck der Kostenträger ständig zunimmt, fügte Dr. Wurdeman hinzu, müssen Kliniker*innen nun den Nachweis hinter jeder Empfehlung maximieren – eine Entwicklung, die aktiv angegangen werden muss, damit Technologien wie das C-Brace ihr volles Potenzial entfalten können. Wie die Redner*innen übereinstimmend feststellten, gibt es viele neue Lebenswelten wie die von Wolfgang, die darauf warten, Gestalt anzunehmen: Sie brauchen nur die richtigen Nachweise, um den Weg dorthin zu ebnen.
REHACARE.de; Quelle: Ottobock SE & Co. KGaA