Für genauere und besser sitzende Anpassungen sorgen aber auch neue technische Möglichkeiten, sagt Werner: "Gerade im Bereich der individuellen Anpassung werden 3D-Druck und Scantechnologie immer beliebter und kostengünstiger." Der Trend geht zur digitalen Werkbank. Dass die neuen technischen Möglichkeiten aber nicht den Fachverstand und die Erfahrung der Techniker*innen ersetzen, weiß auch Mecuris-CEO und Orthopädietechnikmeister Peter Fröhlingsdorf: "Auch wenn ich mir mit Scannern, Software, Fräsen oder 3D-Druck die Arbeit einfacher gestalten kann, muss ich dennoch sicherstellen, dass die Prothese perfekt sitzt." Schließlich sei das noch immer der Hauptteil der Arbeit. Und auch die Technik zur Fertigung selbst will bedient werden können. "Wenn wir die neueste Technologie einsetzen wollen, müssen wir auch dafür Zeit aufwenden, sie vorher zu erproben. Bei all dem muss ich aber sicherstellen, dass ich das bezahlt bekomme. Es geht ja auch um Wirtschaftlichkeit."
Durch die Corona-Pandemie ist diese Thematik etwas ins Rollen gekommen. Schließlich helfen modernere Scanverfahren, weil man weniger engen Kund*innen-Kontakt benötigt und die digitale Werkstatt hat man dank Laptop auch zu Hause oder unterwegs immer dabei. Einige Techniker*innen nutzten die Zwangspause, um sich mit den neuen Fertigungsmöglichkeiten auseinanderzusetzen.
Die Frage der Finanzierung ist damit aber nicht gelöst. Denn zu einer guten Versorgung gehört ebenso eine Prothese. Und die werden nicht nur besser, sondern natürlich auch teurer. Was moderne Prothesen heute schon leisten können und in welche Richtung gerade bei der Versorgung geforscht wird, erfahren Sie in
"Die Prothese der Zukunft: Künstliche Intelligenz und bionisches Feedback".
Aber im Sanitätshaus von heute, sind den Versorgern manchmal die Hände gebunden: „Wir sind an die Vorgaben der Krankenkassen gebunden. Und dort heißt es meist, die Versorgung soll zweckmäßig sein. Das ist aber nicht immer das Highend-Produkt“, berichtet Felix Raab. Zwar muss es das auch nicht immer für alle Anwender*innen sein, weil je nach Mobilitätslevel und eigenen Anforderungen an den späteren Alltag das Standardmodell ebenso genügen kann.
Aber der Kampf mit den Krankenkassen um die Finanzierung der richtigen Prothese ist mühsam – nicht nur für die Nutzenden selbst. Fröhlingsdorf bringt das Dilemma auf den Punkt: "Ich als Orthopädietechniker möchte nicht in die Situation geraten, dass mir ein*e Patient*in sagt: 'Als Sie mir damals die Prothese angepasst haben, gab es doch schon innovativere Möglichkeiten, mit denen dieses oder jenes besser gewesen wäre. Wieso haben Sie mir nicht die beste Prothese angepasst?'" Das Genehmigungsverfahren muss überarbeitet werden, findet auch Kim Cremer. "Stellenweise dauert die Versorgung einfach zu lange und Menschen nehmen Schmerzen mit ihrer Prothese in Kauf, um ihren Alltag im Gang zu halten. Das kann schlimme Folgeschäden für Anwender*innen haben."