TREFFPUNKT REHACARE 2022: Die Highlight-Themen des Fachforums

Der TREFFPUNKT REHACARE ist die zentrale Plattform für Vorträge, Podiumsdiskussionen und Informations- sowie Erfahrungsaustausch. An allen Messetagen der REHACARE 2022 wurde in Halle 6 Wissen ausgetauscht und diskutiert. Themen waren unter anderem die Digitalisierung in der Arbeitswelt sowie in der Freizeit, Technische Assistenz und berufliche Rehabilitation mit dem Schwerpunktthema Exoskelette, Jobcoaching und die Rehabilitation von Long- beziehungsweise Post-COVID.

Der digitale Wandel in der Arbeitswelt betrifft jeden. Deshalb wurde das Modellprojekt "Transformation erleben – Digitalisierung passgenau gestalten" entwickelt und von Michael Rosellen, Abteilungsleitung Bezirksverband AWO Niederrhein, Kimberly Bauer, Projektmitarbeiterin, und Elena Fronk, Projektleitung, auf der diesjährigen REHACARE präsentiert. Mit der "Learning by gaming"-Methode von talent::digital sollen über den Gamification-Ansatz rund 1.000 Mitarbeitende auf den digitalen Wandel in der Arbeitswelt vorbereitet werden. Dazu wird ein Phasenplan verfolgt, der von Faszination über Kompetenzmessung, Bedarfserfassung, Mindset-Transformation bis hin zur Erfolgskontrolle führt.

Auch für die soziale Teilhabe von Menschen mit Behinderung spielt die Digitalisierung eine große Rolle. Mit dem Modellprojekt "#ROOKIE – sei digital!" sollen deshalb digitaler Kontakt und digitale Kommunikations-Möglichkeiten für die Freizeit durch Erweiterung der Medienkompetenzen in den Einrichtungen und Diensten der Lebenshilfe Brakel gefördert werden. Jerome Major, Geschäftsführer Lebenshilfe Brakel, Christina Ising, Bereichsleitung Wohnen & Projektleitung, und Kilian Krämer, Pixcel Labor und Dozent in der Eingliederungshilfe stellten das Projekt im Fachforum vor:

Zur Basisausstattung gehören Tablets, Smart-TVs und Laptops sowie individuell programmierte Apps. Im Rookie-Basis-Kurs wird die Bereitschaft getestet, digitale Medien auszuprobieren und Ängste abzubauen. Wer Interesse an mehr hat, kann weitere Kurse belegen. Ziel ist es, die digitale Teilhabe für alle – also auch für die Mitarbeitenden – zu ermöglichen. Herausforderungen, wie die Einbindung in den Betreuungsalltag, die Einbindung der Hardware in das IT-Management oder auch, dass digitale Medien nicht als Hilfsmittel anerkannt werden, müssen aber noch überwunden werden. Die hohe Lernbereitschaft, steigende Sicherheit in der Nutzung sowie erhöhte Teilhabe durch personenzentrierte Unterstützung, Lern- und Erfahrungsorte sind dabei nur einige Beispiele, die allerdings für die Förderung der digitalen Medien sprechen.

Ein weiteres großes Thema im TREFFPUNKT REHACARE war die berufliche Rehabilitation und technische Assistenz. In einer Analyse fand das Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung heraus, dass 60 Prozent der Arbeitnehmenden, laut eigener Angabe, muskuloskelettale Beschwerden haben oder hatten. Außerdem sind diese Beschwerden für die meisten – nämlich ein Viertel – der Krankheitsunfähigkeitstage verantwortlich. Urban Daub plädierte dafür, dass frühzeitig präventive Maßnahmen ergriffen werden sollten. Dazu gäbe es Lösungen wie beispielsweise rückenunterstützende Exoskelette, die von Firmen eingesetzt werden könnten.

Auch die ASTM International F48 präsentierte die Potenziale von Exoskeletten in der beruflichen Rehabilitation. Wie Wiliam Billotte erklärte, konnte die ASTM International F48 in einer Umfrage feststellen, dass Arbeitnehmende in den USA noch zu wenig über den beruflichen Einsatz von Exoskeletten aufgeklärt sind. Gleichzeitig empfanden die Befragten den Einsatz von Exoskeletten als eine effektive Lösung mit viel Potenzial zur Verbesserung der Lebensqualität. Um den Einsatz und die Verwendung von Exoskeletten sowie deren Akzeptanz und effektive Anwendung am Arbeitsplatz zu fördern, entwickelt ASTM International F48 Normen und Zertifizierungen für die Herstellung von Exoskeletten.

Ein weiterer Beitrag zu Exoskeletten kam von Laevo: Dabei ging es besonders um die Sekundärprävention. Boudewijn Wisse erklärte, dass bei früher Erkennung der Beschwerden Exoskelette eingesetzt werden können, um Schmerzen zu lindern sowie das Fortschreiten der Beschwerden zu verhindern. Exoskelette seien außerdem in vielen verschiedenen Berufen einsetzbar, zum Beispiel im Gesundheitswesen als auch bei Bauarbeiten im Freien. "Wir haben eine große Auswahl an Lösungen für diejenigen, die Probleme haben und diejenigen, die keine Probleme haben wollen", so Wisse.

Doch nicht jedes Problem kann mit einem Exoskelett gelöst werden. Das LWL Inklusionsamt Arbeit klärte deshalb in einem Vortrag über das Thema Jobcoaching auf. Wenn Arbeitsleistungen behinderungs- oder krankheitsbedingt nachlassen, Anforderungen sich geändert haben oder Problematiken auftreten, die Betrieb und Arbeitnehmende nach mehreren Versuchen nicht lösen können, ist der Einsatz von Jobcoaching sinnvoll. "Es geht immer darum, dass ein Mensch mit besonderem Unterstützungsbedarf am Arbeitsplatz ist und eine Problematik hat", hieß es im Vortrag. In mehreren Monaten wird dann gemeinsam mit dem*der Jobcoach reflektiert und strukturell eine Lösung entwickelt.

Der Vormittag des dritten Messetages wurde im TREFFPUNKT REHACARE komplett dem sehr gegenwärtigen Thema Long- beziehungsweise Post-COVID gewidmet. Barbara Steffens, Leiterin der Landesvertretung NRW der Techniker Krankenkasse, eröffnete den Themenkomplex und erklärte, dass Patient*innen mit der Diagnose Long-COVID den Rehabilitationssektor vor eine große Herausforderung stellten. Denn für die physischen und psychischen Krankheitssymptome, die vor allem in unterschiedlichen individuellen Ausprägungen vorkommen, müssen erst neue Therapiekonzepte entwickelt werden.

Dr. Pantea Pape vom NTC Neurologischen Therapiecentrum Köln erläuterte die Ambulante Therapie des NTC: Ein multiprofessionelles therapeutisches Team der Physio-/Ergo-/Sporttherapie, Logopädie, Neuropsychologie, Pflege, Ernährungs- und Sozialberatung und Medizin gestaltet für die einzelnen Rehabilitand*innen eine Therapie, die an deren individuelle Probleme und Bedürfnisse angepasst ist. Die enge Verzahnung der einzelnen Bereiche sei nötig für die Wiederherstellung der Teilhabe an allen Lebensbereichen.

Dr. Mario Siebler, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Fachklinik für Neurologie an der MEDICLIN Fachklinik Rhein/Ruhr, zeigte im Fachforum auf, wie mit klassischen Rehabilitationsansätzen Post-COVID-Symptome gelindert werden können. Er erklärte, dass aufgrund der noch fehlenden gesicherten Pharmakotherapie eine spezialisierte Reha die beste Variante für eine Symptomlinderung sei.

Der TREFFPUNKT REHACARE machte also auch in diesem Jahr seinem Ruf als sozialer, gesellschaftlicher und gesundheitspolitischer Mittelpunkt der Messe alle Ehre – wie die zahlreichen angeregten Diskussionen im Fachforum zeigten. Die aufgeworfenen Themen sind und bleiben aktuell: Berufliche Rehabilitation sowie berufliche Teilhabe werden auch künftig analog und im Rahmen der zunehmenden Digitalisierung die Menschen beschäftigen. Und wer weiß, welche neuen Entwicklungen es in einem Jahr bereits im Rahmen der Therapiemöglichkeiten von Long-/Post-COVID geben wird.

Einen Überblick über alle gehaltenen Vorträge des Fachforums TREFFPUNKT REHACARE gibt es hier im Programm.