Das Besteck mit dem richtigen Dreh: Wie der Bravo Twist von ProWalk den Tremor austrickst
Das Besteck mit dem richtigen Dreh: Wie der Bravo Twist von ProWalk den Tremor austrickst
Nachgefragt bei Benedikt Preisler, Geschäftsführer der Pro Walk GmbH
17.10.2019
Klar, die Nahrungsaufnahme ist essenziell für unser Fortbestehen. Aber es ist auch Genuss, für manche Menschen gar Liebe. Auf jeden Fall aber Teil unseres gesellschaftlichen Lebens. Doch was passiert, wenn uns der eigene Körper durch einen Schlaganfall oder eine Erkrankung des Nervensystems dabei einen Strich durch die Nahrungsaufnahme macht? Welche Lösung moderne Orthopädietechnik nicht nur in diesem konkreten Fall, sondern auch in anderen Bereichen der Rehabilitation hat, wollte REHACARE.de deshalb vom Firmengründer und Geschäftsführer des Orthopädiebetriebs ProWalk, Benedikt Preisler, wissen.
Gründer und Geschäftsführer der ProWalk GmbH, Benedikt Preisler.
Der Bravo Twist trickst den Tremor selbstständig aus. Herr Preisler, wie genau funktioniert das?
Benedikt Preisler: Der Bravo Twist besteht aus zwei Einheiten: Dem Griff und dem Löffel- beziehungsweise Gabelaufsatz. Im Griff sind die gesamte Elektronik sowie auch der Akku untergebracht. Zahlreiche Bewegungssensoren erfassen kontinuierlich die räumliche Position des Löffels, die sich natürlich während des Zitterns ständig verändert. Durch die gewonnenen Daten steuert die Elektronik mit kleinsten Elektromotoren blitzschnell die Halterung für den Aufsatz. Das Ergebnis: Die Zitterbewegung der Hände wird ausgeglichen und Löffel oder Gabel schwingen kaum.
Der Löffel sammelt durch die Bewegungssensoren die Daten und steuert gegen das Zittern an. Kann man den Löffel dann direkt in die Hand nehmen und damit essen oder muss man ihn erst einige Minuten "Daten sammeln" lassen?
Preisler: Die Daten werden in Bruchteilen von Sekunden gesammelt und parallel zur Stabilisierung des Löffels verwendet. Das bedeutet, es kann ohne Zeitverzug mit dem Essen begonnen werden. Wenn man den Löffel in die Hand nimmt, erkennt er außerdem automatisch, ob es sich um die linke oder rechte Hand handelt.
Welche Rolle spielt moderne Orthopädietechnik beim Thema Rehabilitation und Zurückgewinnung von Lebensqualität nach einem Schlaganfall oder einer Parkinson-Diagnose?
Preisler: Die technische Orthopädie ist heutzutage sehr weit darin, die Lebensqualität von Menschen zum Beispiel nach einem Schlaganfall oder einer Parkinson-Diagnose zu verbessern. Im Bereich Schlaganfall unterstützen beispielsweise High-Tech Geräte wie das "WalkAide" bei einer Fußhebeschwäche das Gehen. Wenn das Greifen und wieder Loslassen schwerfallen, können diese Bewegungen zum Beispiel durch das "ReGrasp" – eine computergestützte Greifhilfe – bei entsprechenden medizinischen Voraussetzungen verbessert werden. Solche technischen Geräte können einen deutlichen Behinderungsausgleich schaffen. Auch bei einer Parkinsonerkrankung oder einem essenziellen Tremor wird die Lebensqualität stark beeinträchtigt. Die betroffenen Personen sind nicht in der Lage mit normalem Besteck zu essen, ohne dass etwas herunterfällt. Dank technischer Hilfsmittel wie dem "Bravo Twist", trauen sich die Personen wieder im erweiterten sozialen Umfeld zu essen beziehungsweise im Lokal essen zu gehen und können so wieder am Gemeinschaftsleben teilhaben.
Was bedeutet für Sie Inklusion?
Preisler: Wir verstehen unter Inklusion die Toleranz gegenüber dem Anderssein und Andersdenken. Vor allem sollten wir uns bewusstmachen, dass es kein Anrecht auf eine lebenslange Gesundheit gibt. Niemand ist davor gefeit durch unvorhersehbare Vorfälle aus dem normalen Leben herausgerissen zu werden. Inklusion beinhaltet also vor allem, den Blickwinkel etwas zu verändern und alle Menschen uneingeschränkt am Leben teilhaben zu lassen.
Bravo Twist – ein Spezial-Löffel für Menschen mit einem sogenannten Hand-Tremor. Der Löffel ist in der Lage, sich selbst zu stabilisieren und das Zittern der Hand auszugleichen.