"Das hört sich vielleicht verrückt an: Aber ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, einen Partner mit einer (sichtbaren) Behinderung zu haben", räumt Denise H. ein. "Das ist etwas, auf das ich mich einfach nicht einlassen könnte. Ich hätte solche Angst vor der Verurteilung der Gesellschaft nach dem Motto 'Wie gut, dass die Menschen mit Behinderung unter sich bleiben' und so Kritik wie 'Wie kann man so unverantwortlich sein, wenn beide eine Behinderung haben, dann Kinder zu bekommen. Wer soll sich denn um die kümmern...' – das würde mich emotional zu sehr zu belasten."
Klingt nach harten Worten? Ist aber oft Realität! Denn Partnerinnen und Partnern ohne Behinderung wird von außen oft unterstellt, dass sie viele Kompromisse eingehen müssten oder es wird nicht verstanden, wieso man sich auf jemanden mit einer Behinderung überhaupt einlässt.
Auch Claudia G.* kann das bestätigen: "Diese Fragen wie 'Glaubst du er liebt dich wirklich? Meinst du nicht, er ist nur aus Mitleid mit dir zusammen?' gibt es wirklich. Partner müssen sich solche und ähnliche Bemerkungen immer wieder anhören."
Jan T., der selbst Spastiker ist, hat ähnliche Erfahrungen gemacht: "Meine nicht behinderte Partnerin musste erst lernen, wie es ist, mit mir durch die Stadt zu gehen und mit den Blicken der Leute umzugehen. Sätze wie 'Komm wir besorgen es dir mal. Der Spasti bringt’s doch nicht.' prägen."
Doch natürlich halten solche Reaktionen von außen niemanden davon ab sich zu verlieben, wenn er oder sie grundsätzlich offen für Vielfalt in allen Bereichen des Lebens ist. Ob ein Mensch eine Behinderung hat oder nicht, sagt natürlich nicht automatisch etwas über die Person und den Charakter aus.
"Ich würde mir wünschen, dass ich bald endlich jemanden finde, der mich so nimmt wie ich bin: Offen, ehrlich, mal laut, mal leise und nebenbei eben auch behindert", sagt Vanessa R.*. "Da ich ja mit meiner Behinderung aufgewachsen bin, gehört sie für mich genauso zu mir wie meine Augenfarbe. Und genau wie die Augenfarbe sollte meiner Meinung nach auch die Behinderung bei der Partnerwahl nicht im Vordergrund stehen. Das scheint mir bisher aber leider recht utopisch."
Doch die Ergebnisse einer Umfrage unter Menschen mit ganz unterschiedlichen Behinderungen, die diesem Artikel zugrunde liegen, haben deutlich gezeigt, dass Hoffnung besteht. Natürlich gab es leider auch diejenigen, die bisher – laut Eigenaussage – aufgrund ihrer Behinderung noch nie eine Beziehung hatten. Aber es gab auch viele, die seit vielen Jahren in einer glücklichen Partnerschaft leben und auch davor schon positive Erfahrungen machten. Es waren bisexuelle Menschen dabei oder auch welche, die aromantisch leben und damit zufrieden sind. Viele der Befragten schwanken irgendwo zwischen Enttäuschungen und der Hoffnung auf eine baldige Liebe. Andere haben diese bereits gefunden. Ein kleiner Querschnitt, der aber einen Blick aufs große Ganze zulässt: Liebe kommt und geht – mit oder ohne Behinderung.
* = Namen von der Redaktion geändert