Rehabilitationssport-Angebote konnten eine gewisse Zeit noch durchgeführt werden, finden aufgrund der aktuellen Zahlen aber ebenfalls nicht mehr statt. Inwiefern ist das ein Problem für die Teilnehmenden, die eigentlich darauf angewiesen sind?
Schneider: Rehabilitationssport ist eine sogenannte ergänzende Leistung zur medizinischen Rehabilitation, die sich aus dem Sozialgesetzbuch IX ergibt und die auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung erbracht wird. Dies hat zunächst dazu geführt, dass Rehabilitationssport zu Beginn der Pandemie noch durchgeführt werden konnte. Der Rehabilitationssport spielte ansonsten bei den Corona-Schutz-Verordnungen der Landesregierung keine gesonderte Rolle, da dieser analog zu den anderen Sportangeboten später auch nicht mehr möglich war. Somit konnten die Teilnehmenden der Gruppen nicht weiter an ihren individuellen gesundheitlichen Zielen arbeiten und auch nicht von den positiven bio-psycho-sozialen Aspekten des Rehabilitationssport profitieren.
Neben diesen Aspekten muss aber auch berücksichtigt werden, dass gerade im Rehabilitationssport aufgrund der Behinderungen oder chronischen Erkrankungen und der Altersstruktur viele Teilnehmende zu der vom Robert-Koch-Institut (RKI) vorgegebenen Risikogruppe gehören, die besonders zu schützen war. Gerade im zweiten Lockdown, wo es in einem verstärkten Maße um die Reduzierung von Kontakten ging, ist nachvollziehbar, dass der Rehabilitationssport als Gruppenangebot mit 15 bis 20 Teilnehmenden nicht zur Eindämmung der Corona-Infektionen beigetragen hätte. Von Seiten der Kostenträger wurden Maßnahmen ergriffen, um alternative Angebote möglich zu machen, die aber je nach Behinderungsart schwer bis gar nicht umzusetzen waren. Als Beispiele sind die Zielgruppen der Menschen mit Lernschwierigkeiten (sogenannter geistiger Behinderung) oder mit Schwerstmehrfachbehinderung zu nennen.
Welche Wege haben der BRSNW und andere Behindertensportvereine gefunden, um in dieser schwierigen Zeit dennoch aktiv zu sein?
Schneider: Zunächst einmal haben wir als Verband viele Abstimmungen mit den Entscheidungsträgern der Staatskanzlei und dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) aber auch mit dem Landessportbund Nordrhein-Westfalen (LSB NRW) geführt, um auf die besonderen Herausforderungen für unsere Vereine hinzuweisen. Dazu haben wir regelmäßig Corona-Updates herausgegeben, in denen die aktuellen Vorgaben aus den Corona-Schutz-Verordnungen sowie Informationen zu Hilfsmöglichkeiten enthalten waren.
Darüber hinaus haben wir unsere eigene Angebotspalette erweitert und selbst viele Online-Seminare angeboten, die sehr positiv angenommen wurden. Themen vom Einstieg in verschiedene Para-Sportarten, über das Deutsche Sportabzeichen für Menschen mit Behinderung bis hin zur Vereinsentwicklung zeigen die Bandbreite an vielfältigen Themen auf.
Auch im Qualifizierungsbereich haben wir Online-Module geschaffen, um die Aus- und Fortbildung von Übungsleitungen weiter fortzuführen. Zwischen den beiden Lockdowns haben wir zahlreiche Präsenzveranstaltungen durchgeführt, um den aufgestauten Bedarf der Vereine bedienen zu können. Zusätzlich wurden Sondermöglichkeiten zu Lizenzverlängerungen durch den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und den Deutschen Behindertensportverband (DBS) geschaffen, um die Vereine zu unterstützen.
Aktuell haben wir einen Sondernewsletter herausgegeben, in dem wir Tipps und Tricks sowie Materialien für einen möglichen Wiedereinstieg nach dem Lockdown in den Vereinen bereitgestellt haben.
Die Vereine selbst haben tolle Mitmachangebote für ihre Mitglieder auf die Beine gestellt: Dabei reichte es von Online-Stunden über das Vereins-Bingo bis hin zu Briefaktionen an die Sportler*innen.