Lüttmanns offener Umgang auf Instagram wirkt sich tatsächlich auch auf ihr Offline-Leben aus. So richtig offen spricht sie eigentlich nur mit wenigen ausgewählten Menschen über ihre Erkrankung. Allein schon deswegen, weil sie kein Mitleid wolle, und weil es den meisten Menschen schwerfiele, Mitgefühl zu zeigen, ohne dabei in Mitleid zu verfallen. Aber inzwischen ist sie im Umgang mit Freunden und Familie etwas entspannter: "Ich weiß, dass die meisten Menschen in meinem Umfeld nun die Möglichkeit haben zu erfahren, wie ich mich wirklich fühle. Wenn sie das erfahren, stehe ich ihnen aber nicht persönlich gegenüber und muss sehen, wie es sie mitnimmt. Jeder kann meine Texte ganz in Ruhe zu Hause vor dem Bildschirm lesen und darüber nachdenken. Wenn die Menschen mich dann treffen, sind sie schon etwas gefasster und ich habe nicht mehr das Gefühl, ICH müsste den Seelentröster spielen."
Generell würde sich Julia Lüttmann wünschen, dass Verständnis für Menschen mit besonderen Bedürfnissen in unserer Gesellschaft kein Luxusgut ist, sondern eine Selbstverständlichkeit. Und dass jeder sich mal fragt: Wie würde es mir gehen, wenn ich in dieser Situation wäre? Um das zu erreichen, ist es unter anderem so wichtig, auch Menschen mit chronischen Erkrankungen und unsichtbaren Behinderungen ein Gesicht zu geben. Diverse Social-Media-Kanäle können heutzutage durchaus dazu beitragen, ihnen mehr Gehör zu verschaffen und ihre Unsichtbarkeit immer mehr in Sichtbarkeit umzuwandeln.
Sicher stellvertretend für viele andere "Unsichtbare", ist das auch das Anliegen von Julia Lüttmann: "Ich möchte mir und anderen Betroffenen helfen, aber auch diejenigen sensibilisieren und aufklären, die in ihrem Leben bisher verschont geblieben sind. Das Leben ist nicht für jeden Menschen unbeschwert, und auch wir brauchen eine Stimme in dieser Gesellschaft."