Abgesehen von baulichen Maßnahmen werden aber auch immer öfter digitale Assistenzsysteme bedeutsam. Auch wenn sich Smart-Home-Anwendungen aktuell auf dem Markt noch als Ladenhüter herausstellen, schreitet die digitale Vernetzung durchaus voran. Doch wie bauliche Barrierefreiheit ein Thema für Menschen mit einer Behinderung ist, ist es ebenso das Thema der digitalen Teilhabe. Damit beispielsweise Sprachassistenten auch von Menschen genutzt werden können, die sich auf anderem Wege ausdrücken, hat der Verband junger Menschen mit Hörbehinderung einen Gebärdensprachassistenten entwickelt, mit dem gängige Systeme wie Alexa, Google Home oder Cortana genutzt werden können. Das Smart Tool mit dem Namen SIGNS erkennt und übersetzt deutsche Gebärden via Kamera in Echtzeit in ein Datenformat, welches die Sprachassistenten verstehen. Langfristig ist es das Ziel des Kooperationsprojekts über Machine Learning auch weitere Gebärden und Gebärdensprachen zu lernen. Außerdem soll ein vollumfänglicher Gebärdensprachassistent daraus entstehen, der auch auf dem Smartphone funktioniert. Aktuell ist das Tool via Laptop und Tablet nutzbar.
Die Problematik, in den eigenen vier Wänden ausspioniert werden zu können, bleibt aber auch mit barrierefreien Systemen bestehen. IT-Experten warnen schon lange davor, dass eine immer weiter fortschreitende Vernetzung von immer mehr Systemen und Geräten die User*innen zu immer einfacheren Zielen für Hacker-Angriffe macht. Denn gerade bei günstigeren Smart-Home-Geräten ist eben auch die Software günstig und bietet so Angriffsfläche, denn: Sicherheit kostet. Und für einen schädlichen Angriff von außen benötigt es nur ein ungesichertes Gerät, um Zugriff auf das gesamte heimische Netzwerk zu bekommen. Je größer die digitale Vernetzung, desto mehr geben wir vielleicht auch ungewollt von uns preis. Diese Problematik um das Thema Privatsphäre treibt besonders ältere Menschen um und lässt sie in Bezug auf Smart-Home-Produkte skeptisch sein.
Dennoch vereinfachen uns Technik und Digitalisierung zunehmend das Leben und früher oder später werden intelligente, digitale Systeme in alle Haushalte Einzug halten. Die Herausforderung besteht darin, eine Lösung für möglichst Viele zu entwickeln, die alle individuelle Einzelfälle sind. Einerseits "besteht immer die Problematik, dass man versuchen muss, ein funktionierendes System um einen Menschen herum aufzubauen", wie Alexander Karl von der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Kempten zu Bedenken gibt, andererseits konfrontiere man "unter Umständen Leute mit einer Technik, die gar nicht technikaffin sind." Deshalb arbeitet der Laboringenieur im AAL Living Lab daran, technische Assistenzsysteme zu erforschen und zu entwickeln, die Menschen mit Behinderung oder Senior*innen so lange wie möglich ein selbstständiges Leben in ihren eigenen vier Wänden garantieren. Wie genau seine Forschungsarbeit aussieht und wie sich der Markt für Assistenzsysteme zukünftig entwickeln wird? Darüber sprach REHACARE.de mit dem Fachmann im Interview: "Technische Assistenzsysteme: Selbstbestimmt zu Hause wohnen".