Im Urlaub aktiv – mit dem richtigen Reiseangebot und den richtigen Hilfsmitteln
Im Urlaub aktiv – mit dem richtigen Reiseangebot und den richtigen Hilfsmitteln
28.06.2023
Verreisen tut jede*r gerne. Denn ein Urlaub verspricht oft Erholung, Action und Abenteuer oder einfach mal Abwechslung vom Alltag. Und auch wenn Menschen mit Behinderung bei der Planung einer Reise noch mehr beachten müssen als Menschen ohne Behinderung, ist ein Urlaub nach den eigenen Interessen längst kein unerreichbares Ziel mehr. Die Reisebranche hat heutzutage viel zu bieten: ob an Land oder zu Wasser, in Europa oder einem entfernten Land, Aktiv- oder Entspannungsurlaub, allein oder in einer Gruppe, im Hotel oder doch näher bei den Einheimischen, am Strand, in einer Stadt oder in den Bergen – das Angebot an barrierefreien Reisen ist enorm.
Aktivurlaub hört sich häufig erst einmal nach unüberwindbaren Barrieren an. Doch das ist nicht immer so. Verschiedene Reiseanbieter machen Erlebnisurlaube für Menschen mit Behinderung möglich. So zum Beispiel SailWise (Stichting Watersport Gehandicapten Nederland). Das Unternehmen bietet komplett barrierefreien Wassersporturlaub für Menschen mit den unterschiedlichsten Behinderungen an. "Wir organisieren einen richtigen Aktivurlaub. Bei uns können Menschen mit Behinderung einen Segelurlaub machen oder Zeit auf der Wassersportinsel Robinson Crusoe verbringen, wo sie zum Beispiel auch Kanu und Wasserski fahren können", erklärt Michiel Meijers, Manager von SailWise.
Die Segelreisen mit SailWise sind Gruppenfahrten. Man meldet sich einzeln an und wird dann einer Gruppe zugeordnet. Es gibt Gruppen für Menschen mit körperlicher Behinderung, für Menschen mit einer Sehbehinderung, für Menschen mit einer Lernschwierigkeit und auch für Menschen mit einer Gehirnschädigung. "Dabei ist es uns auch wichtig, dass jede*r in eine Gruppe kommt, in der sie*er sich wohlfühlt", fügt Meijers hinzu.
Segeln auf dem IJsselmeer, trockenfallen auf dem Wattenmeer, gemütliche friesische Hafenstädte erkunden oder die Watteninseln besuchen. Bei einem Segelurlaub mit der Lutgerdina erlebt man jeden Tag etwas Neues.
Physisch und finanziell barrierefrei
Neben den barrierefreien Booten hat SailWise auch barrierefreie Ferienwohnungen und Gruppenunterkünfte zu bieten. "Barrierefreiheit ist für uns selbstverständlich. Und auch wenn man zum Beispiel ein Pflegebett oder einen Lifter braucht, dann sind diese Dinge da. Bei SailWise brauchen sich Teilnehmer*innen nicht noch zusätzlich um so etwas kümmern. Diese Aufgabe übernehmen wir", sagt Meijers. Darüber hinaus kümmert sich das niederländische Unternehmen auch um Betreuung und Alltagshilfe, wenn diese benötigt wird. Für die Teilnehmenden soll es keinen zusätzlichen organisatorischen Aufwand geben.
Der Manager erklärt uns außerdem: "Wir wollen Wassersporturlaub für alle möglich und erreichbar machen – unabhängig von der Behinderung. Häufig müssen Menschen mit Behinderung für Urlaube viel extra organisieren und extra zahlen. Das ist bei SailWise nicht so. Wir wollen unser Angebot nicht nur physisch barrierefrei, sondern auch finanziell barrierefrei gestalten. Auch ein Mensch mit Behinderung hat ein Recht auf einen Urlaub, den man bezahlen kann."
Bei SailWise erleben Menschen mit Behinderung zusammen mit ehrenamtlichen Helfer*innen einen unvergesslichen Urlaub. Dank der barrierefreien Unterkünfte und Boote kann jede*r voll und ganz mitmachen.
Ein Urlaub mit großem Mehrwert
Die Frage, warum man gerade einen Wassersporturlaub wählen sollte, beantwortet Meijers wie folgt: "Wassersport hat einen sehr großen Mehrwert – für Menschen mit wie ohne Behinderung. Er macht frei, man kämpft gegen die Elemente, es gibt einem ein Gefühl von Freiheit, man kann loslassen, Sorgen vergessen, sich entspannen und ruhig werden. Außerdem wird man herausgefordert, die eigenen Grenzen aufzusuchen und entwickelt sich so weiter. Es ist auch unser Ziel, den Menschen zu zeigen, was in ihnen steckt und sie davon zu überzeugen, was sie alles schaffen können. Außerdem ist beim Segeln jede*r gleich. Vielleicht braucht eine Person Hilfe beim aufs Boot Steigen und eine andere Person nicht, doch beim Segeln gibt es keinen Unterschied zwischen Menschen mit und ohne Behinderung. In einer Regatta, zum Beispiel, kämpfen wir alle zusammen."
Dies bestätigte auch Elke Paatz, Diplom-Sportwissenschaftlerin und Ansprechpartnerin für inklusives Segeln beim Deutschen Segler-Verband (DSV), in einem Interview: „Nahezu jede körperliche Einschränkung kann beim Segeln durch Anpassungen an den Booten ausgeglichen werden. Selbst Menschen mit höchster Querschnittslähmung können ein Boot selbstständig segeln! Die Behinderung hört auf, wenn man ins Boot steigt, ablegt und segelt.“ )Das komplette Interview mit Elke Paatz können Sie hier lesen.)
SailWise auf der REHACARE
Auf der diesjährigen REHACARE wird SailWise wieder mit einem Stand vertreten sein. Dort zeigen sie nicht nur Videos, wie der inklusive Wassersport funktioniert, sondern es sind auch einige ehemalige Teilnehmer*innen vor Ort, die Interessierten von ihren persönlichen Erfahrungen mit dem Wassersporturlaub erzählen können. Darüber hinaus wird es ein kleines Segelboot am Stand geben.
Ebenfalls Urlaub auf dem Wasser kann man mit "Huckleberry Finn" machen. "Huckleberry Finn" ist das Hausboot für inklusive Begegnungen, Erlebnisse und Erfahrungen und das erste Inklusions-Hausboot Deutschlands. Der Diplom-Segellehrer und Hochseesegler Arnold Schnittger hat mit seinem Sohn Nico, der seit der Geburt mit einer Schwerbehinderung lebt, bereits viele Segelreisen unternommen. Irgendwann wollte er auch anderen Kindern und Menschen mit Behinderung den Zugang zum Wassersport und dessen heilsame Erfahrungen ermöglichen. So entstand das Projekt "Huckleberry Finn". Mit seinem Verein Nicos Farm e.V. und in Kooperation mit dem Verein Allianz pflegende Angehörige e.V. schaffte Schnittger auf dem Hausboot einen Ort für inklusive Begegnungen abseits des Alltags und losgelöst von der Normalität. Auf dem Hausboot gibt es für jede*n Zeit für Entspannung, Erholung und einzigartige Erlebnisse.
Barrierefreiheit mit an Bord – auf dem Kreuzfahrtschiff
Sehr beliebt sind auch Reisen mit einem Kreuzfahrtschiff. Barrierefreie Kabinen, Beschriftungen in Braille-Schrift, Induktionsschleifen und die Möglichkeit, das Telefon- und Weckerklingeln in Lichtsignale und Vibrationsimpulse umzuwandeln, sowie das Barrierefrei-Team sind nur einige Features, die eine Kreuzfahrt mit AIDA Cruises sehr attraktiv für Menschen mit Behinderung machen. Aber auch beispielsweise mit Costa Cruises, TUI Cruises und Celebrity Cruises können Menschen mit Behinderung barrierefrei verreisen. Volker und Iris Westermann sowie Jenny Bießmann erzählen in diesem Artikel von ihren Erfahrungen mit den unterschiedlichen Kreuzfahrtschiffen und berichten, wie barrierefrei die Bedingungen an Deck, in den Kabinen und bei Landgängen sind. Wenn Sie sich ebenfalls für Kreuzfahrten interessieren, sollten Sie unbedingt diesen Artikel lesen: Barrierefrei von der Buchung bis zum Traumurlaub: Schiff ahoi.
Selbstbestimmt reisen – mit dem Camper
Ob mit einem Wohnmobil, einem Wohnwagen, einem Camper oder einem umgebauten Kleinbus – wer Fahrzeug und Unterkunft in Form eines Reisemobils kompakt dabeihat, kann unabhängig und selbstbestimmt reisen. Zudem entfällt die aufwendige Suche nach passenden Hotels oder Appartements. Ein weiterer Vorteil ist, dass benötigte Hilfsmittel stets auf kurzem Weg erreichbar sind, da sie im Camper mitgeführt werden können. Und barrierefreie Campingplätze gibt es in Europa mittlerweile sehr viele. Kein Wunder also, dass Camping-Urlaub mit einem Reisemobil eine beliebte Reiseart bei Menschen mit Behinderung ist.
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Aber nicht nur Anpassungen vor Ort machen Reisen für Menschen mit Behinderung möglich. Es gibt auch viele Hilfsmittel, die das Reisen vereinfachen oder gar erst ermöglichen. Andrea Mocellin von Revolve Mobility, zum Beispiel, hat den Revolve Air erfunden: ein Rollstuhl mit faltbaren Rädern und einem faltbaren Rahmen. "Revolve Air bietet ein revolutionäres Rollstuhl-Design, das ihn zum weltweit ersten Aktivrollstuhl macht, der Größen- und Gewichtsanforderungen für Handgepäck im Flugzeug entspricht. Durch seine Konstruktion nimmt er 60 Prozent weniger Platz ein, wenn sowohl die Räder als auch der Rahmen zusammengeklappt sind", erklärt Mocellin. So soll allen aktiven Rollstuhlfahrenden eine völlig neue Unabhängigkeit beim Reisen ermöglicht werden. Denn der Revolve Air muss nicht Stunden vor dem Flug am Flughafen als Sperrgepäck aufgeben werden, man braucht keine Angst haben, dass das wertvolle und notwendige Hilfsmittel im Gepäckraum beschädigt wird, das lange Warten bei der Gepäckausgabe hat ein Ende und es ist kein großer Kofferraum zum Verstauen des Rollstuhls in eigenen Fahrzeugen und Taxis nötig. (Das ganze Interview mit Andrea Mocellin können Sie hier lesen.)
Reisen mit einer Mobilitätshilfe
Mobilitätshilfen geben Menschen mit Behinderung viel Freiheit. Doch für eine Reise dürfen sie nicht zu sperrig zu transportieren sein. Daher gibt es inzwischen verschiedene Lösungen. Neben dem bereits vorgestellten Revolve Air, sind auch die elektrischen Rollstühle von ergoflix zusammenfaltbar. Im Interview hat uns Geschäftsführer Dennis Stadler verraten, welche Vorteile ein solcher Rollstuhl mit sich bringt und wie er Flexibilität und Aktivität ermöglicht. Eine weitere faltbare Mobilitätshilfe ist der Scooter ATTO von MovingLife. Marcel Zwart, Vertriebsleiter EMEAI (Europa, Nahost, Afrika und Indien) erklärt uns: „ATTO passt in jeden Fahrzeugtyp, und ist an Land, auf See oder in der Luft ganz leicht zu transportieren. Einige unserer Benutzer*innen reisen häufig mit dem Flugzeug und für sie hat ATTO ihr Leben verändert. Die Mitnahme ist bei Flugreisen erlaubt. Die Benutzenden gehen damit an Bord und verstauen es anschließend in der Gepäckablage.“ (Das ganze Interview können Sie hier lesen).
Im Video wird das Auseinander- und Zusammenfalten des Scooters ATTO demonstriert:
Natürlich gibt es noch viele weitere Hilfsmittel, die Menschen mit Behinderung beim Reisen unterstützen. Viele von ihnen werden auf der diesjährigen REHACARE vorgestellt. Wenn Sie wissen wollen, was Sie auf der Messe erwartet, werfen Sie doch schon einmal einen Blick in unser Trendthema Reisen.
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