Stellen Sie sich vor, Sie planen eine Veranstaltung, an der auch Menschen mit Hörbehinderung teilnehmen sollen. Ein inklusiver Gedanke. Doch wie funktioniert die Umsetzung? Lautsprecher aufstellen, voll aufdrehen, und den Rest den Hörgeräten überlassen, die Menschen mit einer Hörbehinderung häufig tragen? So einfach ist es leider nicht.
"Ein Lautsprecher verzerrt. Er macht Töne zwar lauter, aber nicht unbedingt deutlicher. Aber Schwerhörigkeit bedeutet vor allem undeutlich hören. Und deswegen sind Lautsprecheranlagen oft kontraproduktiv", sagt Susanne Schmidt. Sie ist Vorsitzende des Deutschen Schwerhörigenbundes Landesverband Nordrhein-Westfalen (DSB LV NRW) und weiß: "Inklusion und Teilhabe bedeuten auch, dass ich als Nichtbetroffene*r Hilfsmittel nutze. Oft fällt es den Leuten schwer, ins Mikrofon zu sprechen. Viele sagen sich: 'Ich werde auch ohne Mikrofon verstanden', weil sie Scheu haben, in so ein Mikrofon zu sprechen."
Dabei sind die Anforderungen sowohl an Räumlichkeiten als auch an Veranstaltungen weder Zauberei noch Willkür. Normen wie die DIN 18030 "Barrierefreies Bauen" und die DIN 18041 "Hörsamkeit in Räumen" zeigen auf, welche Umsetzungen notwendig sind, um Menschen mit Behinderung Teilhabe und ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Die Anforderungen von Betroffenen werden dabei genauso beachtet wie die finanzielle und bauliche Umsetzbarkeit.
Ein weiteres Problem, an das viele Veranstalter*innen und Nichtbetroffene oft nicht denken: Hörbehinderung ist nicht gleich Hörbehinderung. So haben schwerhörige Menschen andere Anforderungen an Hilfsmittel als gehörlose Personen. Letztere kommunizieren in der Regel mittels Gebärdensprache. Ihnen hilft es, wenn ein*e Gebärdensprachdolmetscher*in auf einer Veranstaltung das gesprochene Wort in Gebärdensprache übersetzt. Die meisten Schwerhörigen sind jedoch mit Lautsprache aufgewachsen. Sie verstehen keine Gebärdensprache und können oft nicht von den Lippen lesen.