Wie ist die Resonanz auf Ihr Angebot?
Paatz: Die Nachfrage auf Vereinsseite ist gut und wächst beständig. Es melden sich immer mehr Vereine mit dem Wunsch, inklusives Segeln anzubieten. Eine von uns durchgeführte Umfrage hat ergeben, dass 50 Prozent der befragten Vereine ihr inklusives Angebot in den letzten fünf Jahren geschaffen haben. Da ist also richtig Dynamik drin.
Bei den Einzelpersonen könnte die Resonanz noch größer sein. Auch das ist ein Ergebnis unserer Umfrage: Die meisten Vereine könnten noch mehr Menschen mit Behinderung das Segel ermöglichen, doch die Zielgruppe weiß von den Möglichkeiten nicht. Denn häufig gehen die Menschen nicht davon aus, dass sie mit ihrer Behinderung in der Lage sind zu segeln. Daher finden wir es auch so wichtig, auf der REHACARE 2022 vertreten zu sein und zu zeigen, dass Segeln auch mit Behinderung funktioniert. Wir müssen die Menschen noch stärker dort abholen, wo sich ihr Leben abspielt: in den Schulen, in den Werkstätten, in den Tageseinrichtungen.
Benötigt ein Verein spezielle Boote, um Inklusion im Segeln anbieten zu können?
Paatz: Jedes Boot kann inklusiv gesegelt werden – von der Optimist-Jolle mit 2,30 Meter Länge bis hin zur großen Segelyacht. Vereine müssen sich keine neuen Jollen oder Yachten kaufen, vielfach reichen schon einfache Adaptionen an den bestehenden Booten, um Menschen mit Behinderung das Segeln zu ermöglichen. Man muss dabei immer auf den Bedarf des einzelnen Menschen schauen: Welche Hilfen und Adaptionen werden gebraucht? Einiges wird schon angeboten, andere Anpassungen muss man selbst vornehmen.
Beim Wettsegeln gibt es spezielle Klassen für Menschen mit Behinderung, wie die 2.4mR oder die SV14. Aber auch Regatten können Menschen mit Behinderung in „normalen“ Booten segeln. Das beste Beispiel ist hier Heiko Kröger: Der mehrfache Paralympics-Medaillengewinner segelte auf höchstem Niveau in der olympischen Jolle Laser – und das mit nur einem Arm. Es braucht immer nur Mutige, die vorangehen, und die gibt es zum Glück in immer mehr Bootsklassen.
Was sind die größten Herausforderungen für Menschen mit Behinderung beim Segeln?
Paatz: Es ist schwierig, pauschal von Herausforderungen zu sprechen, da jeder Mensch andere Bedürfnisse hat. Wenn jemand blind ist, hat er ganz andere Herausforderungen als jemand, der beispielsweise im Rollstuhl sitzt.
Zum anderen sind die Herausforderungen, die gerade Menschen mit körperlicher Behinderung im Alltag haben – Stichwort Treppen, Einkaufen, um Hilfe bitten – um ein Vielfaches höher als beim Segeln. Nahezu jede körperliche Einschränkung kann in unserem Sport durch Anpassungen an den Booten ausgeglichen werden. Selbst Menschen mit höchster Querschnittslähmung können ein Boot selbstständig segeln! Die Behinderung hört auf, wenn man ins Boot steigt, ablegt und segelt.