Kleine Dinge, großer Nutzen: Hilfen für den Alltag

Wo Kinder mit nicht voll ausgebildeten Extremitäten geboren werden oder Erwachsene durch einen Unfall oder eine Krankheit die Hände verlieren oder nur noch eingeschränkt bewegen können, kommen oftmals plötzlich viele Fragen auf: Wie soll das Kind später Fahrrad fahren lernen? Wie wird es im täglichen Leben zurechtkommen? Antworten lassen sich dann zum Beispiel im Bereich der sogenannten Alltagshilfen finden. Sie sind genau das: Hilfsmittel, die Menschen mit Behinderung im Alltag ihre Selbstständigkeit zurückgeben. Die Möglichkeiten reichen hier vom Standardprodukt bis hin zu Spezialanfertigungen.

Die Firma Ornamin aus Minden setzt bei ihren Ess-Alltagshilfen auf gutes Design und Nachhaltigkeit. Milena von der Emde fasst es im Gespräch mit REHACARE.de so zusammen: "Wir bieten Geschirr an für Menschen, die allgemein motorisch eingeschränkt sind, heißt eingeschränkte Arm-, Hand- oder Nackenbewegungen, zitternde oder schwache Hände haben. Zusätzlich unterstützt unser Geschirr bei Multipler Sklerose, Parkinson, Demenz oder nach einem Schlaganfall. Bei unserem Design geht es insbesondere darum, die Menschen, die auf unsere Unterstützung angewiesen sind, nicht zu stigmatisieren und die Selbstständigkeit der Betroffenen zu erhalten und zu fördern. Die Hilfen sind so im Geschirr versteckt – im Sinne des Universal Designs –, dass sie kaum auffallen."

So gibt es zum Beispiel ein spezielles Besteck, bei dem die Griffe biegbar sind und entsprechend den Bedürfnissen der Benutzenden angepasst werden können. Ohnehin sind es oftmals Kleinigkeiten, die im Alltag helfen, selbstständig zu bleiben. Eine Kante am Brettchen verhindert etwa das Herunterrutschen des Brotes, wenn nur eine Hand zum Bestreichen zur Verfügung steht. Aufgeraute Flächen an Gläsern sorgen dafür, dass das Glas sicherer in der Hand liegt. Geringe Veränderungen im Design helfen schon, viele Alltagsgegenstände für eine größere Gruppe an Menschen nutzbar zu machen. Weitere Infos zum Thema Alltagshilfen in der Ernährung finden Sie auch in diesem REHACARE-Beitrag.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch die Firma Pohlig GmbH, die spezielle Silikonhilfen anfertigt, die zum Beispiel bei fehlenden Fingern oder Händen getragen werden können, um Gegenstände festzuhalten oder um Fahrrad zu fahren. Geschäftsführer Michael Schäfer: "Grundsätzlich stellen unsere Alltagshilfen aus Silikon Hilfsmittel dar, die auf die individuelle Finger-, Hand und Arm-Situation unserer Patient*innen angepasst werden und für den jeweiligen Versorgungsfall handwerklich hergestellt werden. Die Silikon-Alltagshilfen werden grundsätzlich zur Unterstützung für alle Bereiche des täglichen Lebens angeboten. Hierbei unterscheiden wir zwischen jenen Alltagshilfen, die in lebensnotwendigen wiederkehrenden Alltagstätigkeiten zum Einsatz kommen, wie zum Beispiel zur Körperpflege und Hygiene, zum Essen, zum Schreiben oder zur Unterstützung der Mobilität, und jenen Alltagshilfen, die für Freizeittätigkeiten wie zum Beispiel dem Musizieren und Sport oder bei speziellen beruflichen Tätigkeiten zum Einsatz kommen."

Das Design wird dabei grundsätzlichen ergonomischen Gesichtspunkten unterworfen, was aber nicht heißt, dass die Silikonhilfen nicht modisch sind. Natürlich sollen sie von den Anwendenden, auch Kindern, selbstständig angezogen und benutzt werden können. Dabei darf es bei Kindern auch bunt zugehen, zum Beispiel in den Farben Pink, Gelb oder Grün. Bereits bei der Anfertigung können und sollen spezielle Wünsche geäußert werden. Schäfer erklärt: "Die Berücksichtigung von Wünschen und Bedürfnissen nehmen neben den technisch notwendigen Konstruktionskriterien den wichtigsten Part in der Gestaltung unserer individuellen Alltagshilfen ein. Eine Einbindung dieser Wünsche steigert den Anwendungserfolg maßgeblich. Letztendlich stellt jede Alltagshilfe unter Berücksichtigung dieser Faktoren ein Unikat dar. Das macht sie auch im Alltag zu einem hoch funktionalen individuellen Werkzeug."

Besonders deutlich wird dies im Bereich Musik: Oftmals glauben Menschen mit Schädigungen an Finger, Hand und/oder Arm, dass das Erlernen oder Weiterspielen eines Instrumentes nicht mehr möglich sei. Dies ist jedoch nicht der Fall. Bei Pohlig werden auch für das Spielen von Streich-, Schlag- oder Blasinstrumenten angepasste Hilfen gefertigt. Frei nach dem Motto: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!