Community-Tag auf der REHACARE: Gesellschaft, Barrieren und Teilhabe im Fokus

Sabrina Lorenz machte deutlich, wie wichtig Sichtbarkeit und Anerkennung für Menschen mit Behinderung und chronischen Erkrankungen sind. Sie sprach offen über ihre Erfahrungen mit Diskriminierung und Ableismus, über die Unterschiede zwischen angeborenen und erworbenen Behinderungen und darüber, wie prägend Trauerprozesse bei Diagnosen sein können. Trotz der Herausforderungen betonte sie, dass alle Versionen eines Lebens gültig und wertvoll sind – ebenso wie der Schmerz, der auch dazugehört.

Besonders eindrücklich schilderte sie, wie unterschiedlich sie je nach Nutzung von Sauerstoffgerät oder Rollstuhl wahrgenommen wird: mal unsichtbar, mal bemitleidet, aber selten so, wie sie wirklich ist. "Wie sieht ein Mensch mit Behinderung aus?", fragte sie in die Runde – und zeigte damit, wie tief Ableismus noch immer in der Gesellschaft verankert ist. Für Lorenz sind Community und Hilfsmittel daher entscheidende Quellen von Selbstbestimmung: Sie ermöglichen Begegnung, Teilhabe und Freiheit.

Christian Knizia sprach über ein Thema, das viele betrifft und doch kaum angesprochen wird: Einsamkeit. Er unterschied dabei klar zwischen Alleinsein und echter Einsamkeit, die auch dann auftreten kann, wenn man von Menschen umgeben ist. Für Knizia, der mit einem rapiden Verlauf von Multipler Sklerose lebt und seit einiger Zeit im Rollstuhl sitzt, wurde die Diagnose zu einem Wendepunkt. Was ihm half, waren Psychotherapie, der Austausch auf Instagram und das Engagement in sozialen Projekten, etwa in einer Bahnhofsmission an Weihnachten und Silvester.

Seit Kurzem lebt er auch mit der Diagnose Gesichtsblindheit, die ihn zusätzlich herausfordert: Gesichter kann er nicht mehr zuordnen, Stimmen dagegen schon. Umso wichtiger ist für ihn der Austausch in der Community. Messen wie die REHACARE seien für ihn von großer Bedeutung, weil sie Begegnungen ermöglichen und zeigen, dass es trotz aller Unterschiede gemeinsame Barrieren und Erfahrungen gibt.

Ayleen Walter lebt seit ihrer Kindheit mit chronischen Erkrankungen, eine Rückenmarksverletzung führte dann dazu, dass sie auch einen Rollstuhl nutzt. "Für mich brach damals eine Welt zusammen", erinnerte sie sich. Sie zog sich zurück, wollte keine Fotos von sich sehen. Heute hat sie einen anderen Blick: Chancen müsse man nutzen, wie sie kommen. Nach jahrelangem "Bürokratie-Dschungel", wie sie es nennt, will sie ihre Erfahrungen weitergeben und Tipps in der Community teilen. Besonders eindrücklich sprach sie über den langen Kampf um ihre Hilfsmittelversorgung. Zwei Jahre und mehr vergingen, bis sie eine dringend benötigte Orthese erhielt. Ihr Fazit: "Teilhabe findet auch durch Hilfsmittel statt – und Teilhabe ist ein Menschenrecht."

Dank dieser Versorgung lebt sie heute wieder aktiv: Sie reist, hat adaptives Tauchen für sich entdeckt und engagiert sich für Themen wie adaptive Mode und Repräsentation. Kleidung und Sport bedeuten für sie Selbstbestimmung.

Ein besonderer Akzent des Community-Tages war die Präsenz des Orga-Teams des Kämpferherzentreffens am TREFFPUNKT REHACARE. Normalerweise findet das Treffen einmal im Jahr in Kassel statt – mit Workshops, Vorträgen und einem großen Programm. In Düsseldorf war es diesmal das Team selbst, darunter auch Community-Stimmen wie Sabrina Lorenz und Christian Knizia, das mit einer eigenen Ecke vor Ort war.

Viele nutzten die Gelegenheit, ins Gespräch zu kommen, Fotos zu machen oder einfach diesen Ort des Austauschs zu erleben. Damit brachte das Kämpferherzen-Team ein Stück des besonderen Vibes des Kasseler Treffens auch nach Düsseldorf: eine Homebase für Sichtbarkeit, Solidarität und Empowerment.

Erstveröffentlichung: 10.10.2025
Letzte Aktualisierung: 14.10.2025