Hilfsmittel und Technologien als Schlüssel zur Teilhabe

Hunderte Kilometer von München nach Berlin radeln, um Spenden für herzkranke Kinder zu sammeln: Marie Stock hat im letzten Jahr bewiesen, dass Hindernisse überwunden werden können, wenn man selbst an sich glaubt und vor allem die richtige Unterstützung bekommt.

Denn die Aktion der 22-jährigen Münchnerin wäre vor einigen Jahren in der Form nicht möglich gewesen. Erst im Sommer 2020 entschied sich Marie für eine operative Korrektur ihrer langjährigen Wirbelsäulenverkrümmung. Nach den Operationen schien es, als müsste sie das Radfahren aufgeben. Doch ihre Leidenschaft war so groß, dass sie unbedingt wieder zurück aufs Fahrrad wollte.

In der Reha erfuhr sie dann von der Firma HASE BIKES und deren Spezialrädern. Nach einer Testfahrt auf dem Kettwiesel entschied sie sich für dieses Liege-Trike, das sie im Frühling 2021 abholen konnte. Die Basis für erste größere Radtouren und Spendenaktionen war gelegt.

Marie möchte mit ihren Touren etwas für andere Menschen bewirken, die nicht die gleiche Freiheit und Möglichkeit wie sie haben, wieder ihrem Hobby nachzugehen. In den letzten fünf Jahren hat sie bereits über 20.000 Euro für einen guten Zweck gesammelt.

Doch Marie Stock ist nicht die Einzige, die mit dem passenden Hilfsmittel neue Wege geht. Auch Kerstin Rathgeb hat durch modernste Technologie ein Stück Selbstbestimmung zurückgewonnen.

Mit 17 Jahren erhielt Kerstin die Diagnose Multiple Sklerose, was ihr Leben grundlegend veränderte. Ende 2021 war sie auf einen Rollstuhl angewiesen und musste auch ihren Beruf als Erzieherin aufgeben. Die Welt erschien ihr plötzlich wie durch eine Glasscheibe: sichtbar, aber oft übersehen. Der Rollstuhl bot Mobilität, aber er veränderte auch ihre gesellschaftliche Sichtbarkeit.

Die Wende kam mit dem Exopulse (Mollii) Suit, einem neuromodulatorischen Ganzkörperanzug. Durch regelmäßige Anwendung konnte Kerstin ihre Spastiken lindern, den Alltag wieder aktiver gestalten und vor allem eines: wieder für ihre Kinder da sein. "Ich denke, es ist am wichtigsten, dass wir Inklusion vorgelebt bekommen – nur dann kann sie auch verstanden werden."

Auch Ayleen Walter weiß, was es heißt, Widrigkeiten zu begegnen. Die heute 30-Jährige lebt mit einer degenerativen Wirbelsäulenerkrankung, die bereits in der Kindheit diagnostiziert wurde. Nach mehreren Bandscheibenvorfällen folgte 2020 die schwerwiegende Diagnose: beidseitige Querschnittlähmung.

Wochenlang wartete Ayleen auf einen Rollstuhl, während ihre Bitte um Reha-Maßnahmen mit Orthesen abgelehnt wurde. Doch sie ließ sich nicht entmutigen. Im Januar 2023 erhielt sie endlich die dauerhafte Versorgung mit dem C-Brace – einem computergestützten Orthesensystem, das ihr ermöglichte, wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Dieser Moment veränderte ihr Leben.

Die Erfahrungen von Marie Stock, Kerstin Rathgeb und Ayleen Walter zeigen eindrucksvoll: Moderne Hilfsmittel sind weit mehr als medizinische Geräte. Sie sind Schlüssel zur Teilhabe, zur Selbstbestimmung und zur Rückgewinnung von Lebensqualität. Und sie entfalten ihr volles Potenzial dann, wenn individuelle Lösungen, mutige Nutzende und engagierte Fachleute zusammenkommen.

Denn nur durch frühe, passgenaue Versorgung und eine gelebte inklusive Haltung kann eine Gesellschaft entstehen, in der Hilfsmittel nicht als Notwendigkeit, sondern als Chance für alle verstanden werden – für mehr Freiheit, mehr Würde und mehr Menschlichkeit.