So tickt Tahina Andale

Was macht einen Tag für Sie zu einem guten Tag?

Tahina Andale: Ein guter Tag ist immer auch ein guter Schmerztag. Ein Tag an dem Brainfog und Fatigue mich nicht von den Dingen abhalten, die ich gerne tun möchte. Wenn dann noch genug Energie für einen Spaziergang mit meinem Partner und Zeit mit Freund*innen (zum Beispiel beim Pen und Paper spielen) ist, dann ist es nicht nur ein guter Tag, sondern ein sehr guter.

Welche Hilfsmittel oder Alltagshilfen sind für Sie unverzichtbar?

Tahina Andale: Eine Gehhilfe ist für mich unverzichtbar. Ich habe verschiedene Stöcke und zwei Rollatoren – damit bin ich für die meisten Situationen gewappnet. Ein Tablett, um auf dem Rollator Dinge wie Bücher, Teetasse etc. zu transportieren. Eine große Pillendose für die ganze Woche. Griffverstärkungen, um Flaschen zu öffnen. Eine spezielle Bürste, damit ich mir selber die Haare bürsten kann. Sonnenbrille und Sonnenschirm, um vor Sonnenlicht geschützt zu sein. Ein Duschsitz ist ebenfalls unverzichtbar. Genau wie mein Smartphone. Dieses erinnert mich an die Einnahme meiner Medikamente und an wichtige Termine (Arzt, Krankengymnastik, Lymphdrainage etc).

Was würden Sie sich von der Gesellschaft und Ihren Mitmenschen im Umgang mit Menschen mit Behinderung wünschen?

Tahina Andale: Dass sie erkennen, dass Behinderung uns alle jederzeit betreffen kann und dass darum Bemühungen um Inklusion und der Abbau von Barrieren uns alle angehen.

Welches Hilfsmittel müsste dringend erfunden und/oder verbessert werden?

Tahina Andale: Buchhalterungen. Ich habe schon ein paar probiert, aber bisher war noch keine dabei, die dauerhaft praktisch gewesen wäre.

Was war bisher Ihre größte Herausforderung, die Sie gemeistert haben – und was hat Ihnen dabei geholfen?

Tahina Andale: Zu lernen mit meiner Erkrankung umzugehen. Vor allem die Erkenntnis, dass es keine Garantien gibt. Man kann keinen Vertrag mit dem Leben abschließen: positive Einstellung, Sport, gesunde Ernährung, verschiedenen Therapien und Behandlungen gegen Gesundheit beziehungsweise Überwindung der Krankheit – das funktioniert so oft nur in Filmen und Büchern. Mein Mann war in allem an meiner Seite und half mir, die veränderte Situation zu akzeptieren. Und ein gemeinsames Hobby zu haben, das sich trotz Lupus weiter ausüben lässt, war ebenfalls sehr hilfreich.

Was kann die Hilfsmittelbranche aus der Corona-Pandemie lernen, um zukünftig das Leben von Menschen mit Behinderung zu erleichtern beziehungsweise zu verbessern?

Tahina Andale: Gerade das erste Jahr der Pandemie war in gewisser Weise Mut machend. So viele Online-Angebote und Möglichkeiten virtuell an Veranstaltungen teilzunehmen oder im Home Office zu arbeiten. Es wäre wünschenswert, wenn diese Angebote nicht wieder verschwinden würden. 

Wenn nichts unmöglich wäre: Wen würden Sie gerne einmal treffen und warum?

Tahina Andale: Es gibt eine ganze Reihe wunderbarer Menschen, die ich in den vergangenen Jahren kennengelernt habe und mit denen ich online viel Zeit verbringe. Mit ihnen würde ich sehr gerne mal an einem Tisch sitzen. 

Was war Ihr schönstes REHACARE-Erlebnis?

Tahina Andale: Bisher war ich noch nie da.

Was ich noch sagen wollte ...

Tahina Andale: Eine der besten Entscheidung, die ich in den letzten Jahren getroffen habe, war endlich eine Gehhilfe zu verwenden. Ich bin heute noch dankbar, dass meine Physiotherapeutin mich dazu ermutigt hatte. Ärzt*innen haben meiner Erfahrung nach, häufig ein seltsames Verhältnis zu Gehhilfen. Einige von ihnen wollten mich gar davon abhalten eine zu verwenden. Angeblich würde ich mich dann weniger bewegen. Aber das absolute Gegenteil war der Fall. Besonders der Rollator hat für mich Spaziergänge überhaupt erst wieder möglich gemacht und mir eine neue Selbstständigkeit geschenkt. Ich glaube nicht, dass sich jemand die Entscheidung für eine Gehhilfe leicht macht. Von daher wäre mein Rat, an jede Person, die über die Verwendung nachdenkt, es unbedingt einmal zu versuchen. Hilfsmittel helfen – aber nur, wenn sie eine Chance dazu bekommen. :)