So tickt Hao Chen

Was macht einen Tag für Sie zu einem guten Tag?

Hao Chen: Ein guter Tag ist es, morgens aufzuwachen und gemütlich zu frühstücken. In einer Welt zu leben, die von Gebärdensprache umgeben ist und in der jeder mit Gebärdensprache kommuniziert. Nach dem Frühstück ein ruhiges Plätzchen finden, um ein halbes Buch zu lesen. Mittags eine leichte Mahlzeit kochen und nach dem Mittagessen mit dem Hund einen Spaziergang machen. Vor dem Mittagsschlaf eine Naturdokumentation ansehen. Nachmittags einen 5-Kilometer-Lauf oder eine Bergwanderung machen, um sich auszuschwitzen. Nachts am Strand spazieren gehen, den Fischen beim Springen und den Booten beim An- und Ablegen zusehen und in den Sand malen. Auf dem Heimweg mein Lieblingsobst mitnehmen, den Computer einschalten und Kurzfilme in Gebärdensprache ansehen, und schließlich mein Tagebuch für den Tag schreiben und danach ins Bett gehen. Das wäre meine Vorstellung von einem perfekten Tag.

Welche Hilfsmittel oder Alltagshilfen sind für Sie unverzichtbar?

Hao Chen: Ich halte Hörgeräte, AR-Untertitelbrillen und Apps zur Umwandlung von Sprache in Untertitel für unverzichtbar. Mit diesen Hilfsmitteln kann ich zeitnah Informationen aus der Außenwelt erhalten und problemlos mit anderen kommunizieren.

Was würden Sie sich von der Gesellschaft und Ihren Mitmenschen im Umgang mit Menschen mit Behinderung wünschen?

Hao Chen: Behinderungen betreffen jede*n – unabhängig von Alter, Geschlecht, Rasse und kulturellem Hintergrund. Jede*r stößt in seinem täglichen Leben in gewissem Maße auf körperliche oder andere unsichtbare Hindernisse. Daher ist eine Behinderung nur ein Teil der Vielfalt des menschlichen Lebens.

Ich wünsche mir, dass die Gesellschaft und die Öffentlichkeit Menschen mit Behinderung gleichberechtigt, mit Empathie und Freundlichkeit behandelt. Eine Behinderung muss nicht zwangsläufig ein Hindernis im sozialen Miteinander darstellen. Gute Umgangsformen beginnen mit Toleranz, nicht mit Widerstand. Menschen mit Behinderung sind in erster Linie Menschen und verdienen daher den gleichen Respekt wie Menschen ohne Behinderung.

Satya Nadella, CEO von Microsoft, hat einmal gesagt, dass Menschen mit Behinderung einer der größten ungenutzten Talentpools der Welt sind. Deshalb sollten Menschen mit Behinderung in der Lage sein, ihren eigenen Wert zu zeigen und sich mit Hilfe von Hilfsmitteln gleichberechtigt in die Gesellschaft zu integrieren.

Welches Hilfsmittel müsste dringend erfunden und/oder verbessert werden?

Hao Chen: Ich denke, es besteht ein Bedarf an einer Sicherheitsalarmfunktion für Menschen mit Hörbehinderung. Sie könnte die Form einer Uhr, eines Weckers oder eines Schlüsselanhängers haben, damit Hörbehinderte im Alltag, im Straßenverkehr und in anderen Situationen schnell gewarnt werden können, um Unfälle durch Feuer, Erdbeben, Verkehr zu vermeiden und sich keine Sorgen machen zu müssen.

Was war bisher Ihre größte Herausforderung, die Sie gemeistert haben – und was hat Ihnen dabei geholfen?

Hao Chen: Als ich ein Jahr alt war, wurde mir durch hohes Fieber das Gehör genommen. Damals brauchte ich fünf Jahre, um zu lernen, normal zu sprechen und mit anderen zu kommunizieren. Ich glaube, es war Willenskraft, die mich dazu trieb. Obwohl ich beim Erlernen der Aussprache nur langsam vorankam, habe ich bei jedem Schritt hart gearbeitet und nie aufgegeben. Jetzt wachse ich ständig über mich hinaus und überschreite meine Grenzen. Ich bin schon viele 42-Kilometer-Vollmarathons gelaufen, und ich werde auch in Zukunft weiterlaufen.

Was kann die Hilfsmittelbranche aus der Corona-Pandemie lernen, um zukünftig das Leben von Menschen mit Behinderung zu erleichtern beziehungsweise zu verbessern?

Hao Chen: Ich bin der Meinung, dass die Hilfsmittelindustrie eine größere integrative Gemeinschaft für Menschen mit verschiedenen Arten von Behinderungen aufbauen kann. Sie sollte dem Grundsatz "Wenn wir nicht gefragt werden, dann treffe keine Entscheidungen in unserem Namen" folgen und das Konzept der Barrierefreiheit in den Bereichen Technologie, Leben und Arbeitsplatz weiter stärken, einschließlich der Förderung eines sozialen barrierefreien Umfelds und des Bewusstseins für soziale Gleichheit, Vielfalt und Toleranz.

Wenn nichts unmöglich wäre: Wen würden Sie gerne einmal treffen und warum?

Hao Chen: Ich hoffe, irgendwann in der Zukunft Nick Vujicic treffen und umarmen zu können. Sein Buch "Life Without Limits" hat mich sehr inspiriert und ermutigt und mich gelehrt, immer hart zu arbeiten, um Hindernisse in Chancen zu verwandeln. Er wurde 52 Mal abgelehnt und bekam schließlich die Gelegenheit, fünf Minuten lang zu sprechen. Damals entschied er sich, seine Geschichte mit Millionen von Menschen in mehr als 25 Ländern auf fünf Kontinenten zu teilen. Er hat mehr Menschen die Einsicht vermittelt, dass alles möglich ist.

Was war Ihr schönstes REHACARE-Erlebnis?

Hao Chen: Ich habe noch nicht an der REHACARE teilgenommen, aber ich werde auf jeden Fall die REHACARE Shanghai im August dieses Jahres besuchen. Ich habe eine Vorahnung, dass es eine andere und wirklich erstaunliche Erfahrung sein wird. Ich freue mich auf den perfekten Erfolg der Messe in Shanghai.
 
Was ich noch sagen wollte....

Hao Chen: Vielen Dank an REHACARE für all eure Bemühungen zur Verbreitung und Förderung der sozialen Integration. Ein Funke wird immer ein Feuer entfachen, und Liebe und Hoffnung werden schließlich den Dunst durchbrechen.