Was macht einen Tag für Sie zu einem guten Tag?
Kathrin Bay: Ein guter Tag ist für mich, wenn ich mit wenigen Schmerzen aufwache und deswegen auch leichter aus dem Bett komme. Wenn ich die Aufgaben, die ich mir vorgenommen habe, schaffe, ohne mich dabei zu verausgaben und am Ende des Tages mit Schmerzen "bestraft" zu werden. Wenn ich draußen sein kann, ohne zu frieren, alle Hilfsmittel funktionieren und ich somit draußen Zeit mit meinen Tieren verbringen kann.
Welche Hilfsmittel oder Alltagshilfen sind für Sie unverzichtbar?
Kathrin Bay: Meine Kniestrümpfe sind das allerallerwichtigste Hilfsmittel für mich. Durch meine Nervenstörung ist jede Berührung, jeder Reiz und jede Bewegung beziehungsweise Muskelanspannung mit starken Schmerzen verbunden. Meine Kniestrümpfe, die ich Tag und Nacht trage, sorgen dafür, dass ich meine Hose, den Wind und eine Decke nicht zu sehr spüre.
Die zweite Sache, die unglaublich wichtig ist, ist mein Rollstuhl mit elektrischem Zuggerät, um mich auch ohne Auto schneller als Schrittgeschwindigkeit bewegen zu können. So kann ich selbstständig zu nahegelegenen Therapien oder zum Einkaufen fahren und alleine mit meinem Hund spazieren gehen.
Der Treppenlifter sorgt dafür, dass ich überhaupt rauskomme. Mein E–Handbike trainiert meinen Oberkörper, da ich aufgrund der Schmerzen nicht schwimmen gehen kann. Jackie, meine Assistenzhündin, ist fast immer meine Alltagsbegleitung. Sie gibt mir den Mut unter Menschen zu gehen, weil sie mich blockt, Stress schon frühzeitig erkennt, anzeigt, dann in eine Körperkontaktaufgabe geht (Kopf in die Hand legen, auf den Schoß springen und Kopf auf die Schulter legen) und mir damit ganz viel Stress und somit auch Schmerz nimmt beziehungsweise vorbeugt.
Was würden Sie sich von der Gesellschaft und Ihren Mitmenschen im Umgang mit Menschen mit Behinderung wünschen?
Kathrin Bay: Ich würde mir sehr wünschen, dass auch unsichtbare Erkrankungen ernst genommen werden, dass ich nicht verurteilt werde. Es soll nicht über mich geurteilt werden und nicht für mich entschieden werden, was ich alles schaffe und was nicht. Ich möchte, dass ich ohne Erklärungen bestimmen darf, welche Hilfe ich benötige und was gut für mich. Und ich möchte nicht übersehen werden.
Ich möchte als vollwertige Person behandelt werden, der man mit Interesse entgegenkommt und nicht mit Vorurteilen. Ich würde gerne die Freiheiten haben, die für andere Menschen so selbstverständlich sind. Ich möchte selbstständig Bus und Bahn fahren, ohne auf Hilfe angewiesen zu sein und mir meinen Platz mit Fahrrädern, Gepäckstücken und Kinderwagen teilen zu müssen. Ich möchte entspannt durch Städte kommen, Veranstaltungen mit meiner Begleitperson ohne Probleme besuchen und ein möglichst selbstständiges Leben führen.
Welches Hilfsmittel müsste dringend erfunden und/oder verbessert werden?
Kathrin Bay: Hier kann ich nur für meine Erkrankung sprechen und da denke ich, dass es genügend Hilfsmittel gibt und die in der Regel auch sehr gut sind. Das eigentliche Problem ist leider, dass sie oft unerschwinglich sind und es viel zu wenig schnelle Reparaturmöglichkeiten gibt. Die Lieferzeiten sind oft unglaublich lang und im Reparaturfall gibt es keinen Ersatz. Außerdem wissen Therapeut*innen und Ärzt*innen oft kaum Bescheid und können keine Tipps geben, was helfen könnte. Dazu gehören auch "Kleinigkeiten" wie adäquate Rollstuhlkleidung oder Schuhe, die warm halten.